Biografien
- Karl Adler
- Inge Auerbacher
- Erich Batschauer
- Fritz Bauer
- Margret Bergmann-Lambert
- Willi Bleicher
- Wilhelm Boger
- Eugen Bolz
- Robert Bosch
- Hermann Cuhorst
- Josef Eberle
- Fritz Elsas
- Friedrich Enchelmayer
- Garry Fabian
- Rudolf Formis
- Hans Gasparitsch
- Eugen Grimminger
- Jenny Grimminger
- Alfred Hausser
- Carl Hermann
- Lilo Herrmann
- Hans Hildebrandt
- Else Himmelheber
- Helle Hirsch
- Otto Hirsch
- Anton Hummler
- Arnulf Klett
- Margarete Klinckerfuß
- Lothar König
- Max Krakauer
- Robert Kress
- Viktor Kunz
- Fritz Lamm
- Karl Lautenschlager
- Käthe Loewenthal
- Gertrud Lutz
- Rupert Mayer
- Christian Mergenthaler
- Kurt Müller
- Wilhelm Murr
- Paul Mußgay
- Eugen Nesper
- Franz Reinhardt
- Anton Rothmund
- Claus Schenk Graf von Stauffenberg
- Erwin Schoettle
- Kurt Schumacher
- Eugen Stähle
- Gustav Stange
- Karl Strölin
- Gerda Taro
- Ludwig Thumm
- Fred Uhlman
- Hermann Umfrid
- Max Wagner
- Theophil Wurm
Karl Adler
- Geburtsdatum
- 25.01.1890
- Geburtsort
- Buttenhausen
- Ausbildung/Beruf
- Musikwissenschaftler
- Verhaftung
- 10.11.1938
- Todesdatum
- 1973
- Details zum Tod
- in Leonia, New Jersey
Karl Adler wuchs in einer schwäbischen Landjudenfamilie auf. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er bereits mit Musik, absolvierte eine Ausbildung als Lehrer und Kantor und studierte am Königlichen Konservatorium für Musik in Stuttgart zwei Jahre Gesang.
Seine Gesangskarriere wurde vom Ersten Weltkrieg unterbrochen, zu dem er sich als Freiwilliger meldete. Im Krieg erlitt er eine Kopfverletzung, was dazu führte, das er sich komplett seiner musikalischen Karriere widmete.
Ab 1921 leitete er die Hochschule für Musik. Bereits im Sommer 1931 begann die NS-Presse Karl Adler anzugreifen, vermutlich, da er als Leiter des Konservatoriums zu den bekanntesten und erfolgreichsten jüdischen Musikern gehörte.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten stieg der Druck auf Adler. Im März 1933 wurde er auf offener Straße überfallen und zusammengeschlagen. Im Mai 1933 wurde er gezwungen sein Amt als Leiter niederzulegen. Das Konservatorium wurde in eine der ersten KdF-Musikschulen (Kraft durch Freude) des „Dritten Reiches“ überführt.
Adler fing danach an, die Stuttgarter Jüdische Kunstgemeinschaft aufzubauen. Innerhalb von kurzer Zeit konnte er einen großen Chor und ein Sinfonieorchester ins Leben rufen. Am 10. November 1938 wurde er von der Gestapo verhaftet und ca. acht Tage lang eingesperrt. Jegliche kulturelle Betätigung wurde ihm verboten, er arbeitete fortan in der Jüdischen Mittelstelle.
Immer wieder gelang es ihm Juden zur Emigration zu verhelfen. 1940 emigrierte er selbst mit seiner Frau und seinen Eltern in die USA, wo er 1946 als Professor für Musik an die Yeshiva University berufen wurde. Karl Adler war verheiratet mit Margarete Adler, geb. Marx.
Der einzige Sohn Fritz (geboren 7. Juni 1927), den Adler 1938 nach Großbritannien in Sicherheit bringen konnte, kam bei der Weiterfahrt zu den Eltern in die USA 1943 im Atlantik um, als das Schiff unter nicht geklärten Umständen unterging.
2007 lobte die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs im Gedenken an Karl Adler erstmals den „Karl-Adler-Jugendmusikpreis“ aus.
Inge Auerbacher
- Geburtsdatum
- 31.12.1934
- Geburtsort
- Kippenheim
- Schule
- jüdische Grundschule in der Hospitalstraße in Stuttgart
- Deportation
- 22.08.1942
- Details zur Deportation
- ins Ghetto Theresienstadt
Inge Auerbacher wurde als Tochter von Berthold Auerbacher und Regina, geb. Lauchheimer in Kippenheim im Südschwarzwald geboren.
Am 9. November 1938 wurde Inge Auerbachers Großvater nach dem Morgengebet in der Synagoge verhaftet. Zusammen mit ihrem Vater, der im Ersten Weltkrieg schwer verwundet wurde und für seinen Einsatz das Eiserne Kreuz erhielt, wurden beide ins Konzentrationslager Dachau gebracht und einige Wochen später wieder freigelassen.
Die Auerbachers wollten auswandern, verkauften ihr Haus in Kippenheim und zogen im Jahr 1939 zu den Großeltern nach Jebenhausen bei Göppingen.
Inge Auerbacher musste als Sechsjährige die jüdische Schule in der Hospitalstraße in Stuttgart besuchen und jeden Tag die weite Fahrt aus Göppingen auf sich nehmen. Mit dem Beginn der Deportationen wurde die jüdische Schule aufgelöst.
Am 1. Dezember 1941 wurde Inge Auerbachers Großmutter nach Riga deportiert, ihr Haus wurde enteignet und Inge Auerbacher mit ihren Eltern in ein »Judenhaus« nach Göppingen geschickt.
Am 20. August 1942 wurde die siebenjährige Inge mit ihren Eltern vom Sammelplatz in Göppingen mit der Transport-Nummer XIII-1-408 in die Sammelhalle am Stuttgarter Killesberg verbracht und zwei Tage später nach Theresienstadt deportiert.
In ihrer Autobiographie Ich bin ein Stern (siehe Literaturliste) erzählt Inge Auerbacher von der schrecklichen Zeit im Lager, von der Verzweiflung und der ständigen Angst.
Am 8. Mai 1945 wurde Theresienstadt von der sowjetischen Armee befreit. Inge Auerbacher wurde zusammen mit ihren Eltern nach Stuttgart zurückgebracht. Sie hat ihre Großmutter und dreizehn Familienangehörige im Holocaust verloren.
Im Mai 1946 emigriert Inge mit ihren Eltern nach New York, wo Inge Auerbacher heute noch lebt. 1953 wurde Auerbacher die US-amerikanische Staatsbürgerschaft zuerkannt.
2005 wird Inge Auerbacher die Ehrendoktorwürde der Long Island University für ihre in mehrere Sprachen übersetzten Erinnerungen Ich bin ein Stern verliehen.
Erich Batschauer
- Geburtsdatum
- 17.04.1913
- Geburtsort
- Lahr bei Freiburg
- Wohnort
- Brunnenstraße 31, 70372 Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Landarbeiter/Hausdiener/Hilfsfeuerwehrmann
- Hinrichtung
- 04.12.1941
- Details zur Hinrichtung
- durch Erschießen
Erich Batschauer musste bereits mit zehn Jahren als Landarbeiter mit zum Unterhalt seiner Familie beitragen, er hatte eine schwierige Kindheit.
1930 zog Batschauer nach Stuttgart, dort wollte er 1936 Anne Hämmerle, die Mutter eines seiner Kinder, heiraten. Das Stuttgarter Gesundheitsamt verweigerte ihm ein Ehetauglichkeitszeugnis, mit Verweis auf sein Vorleben (Er war zu diesem Zeitpunkt vorbestraft wegen Bettelns und Zuhälterei). Batschauer unternahm infolgedessen einen Selbstmordversuch.
Er meldete sich freiwillig zur Wehrmacht, schied aber aus gesundheitlichen Gründen nach vier Wochen aus. Im September 1940 wurde er zum Militär einberufen und kam zur Marineartillerie nahe Brest.
Im Frühjahr 1941 lief eine Vaterschaftsklage gegen ihn und wegen Urlaubsüberschreitungen wurde er disziplinarisch bestraft. Im Mai 1941 kam er erneut zu spät zu seiner Einheit. Aus Furcht vor Disziplinarstrafen, zu denen er bereits mehrfach verurteilt worden war, verließ Batschauer verzweifelt die Unterkunft. Er wurde fünf Tage später festgenommen.
Batschauer wurde wegen Fahnenflucht vor das Militärgericht gestellt und am 18. September 1941 zum Tode verurteilt.
In der Begründung ging es weniger um das unerlaubte Verlassen der Truppe. Marinekriegsgerichtsrat Becker sprach sich gegen eine Begnadigung aus, damit Batschauers Leben, „das bisher keinen Wert hatte, […] dann vielleicht nicht nutzlos gewesen sein [wird], wenn er jetzt durch seinen Tod anderen Kameraden ein abschreckendes Beispiel gibt“.
In einem seiner letzten Briefe schrieb Batschauer: "Ich bin ja kein Feind, sondern Deutscher."
Am 4. Dezember 1941 wird Batschauer erschossen.
Fritz Bauer
- Geburtsdatum
- 16.07.1903
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Abitur / Studium Rechts- und Staatswissenschaften
- Todesdatum
- 01.07.1968
- Details zum Tod
- in Frankfurt/Main
Fritz Bauer wurde als Kind einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie in Stuttgart geboren. Er besuchte das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium und studierte nach dem Abitur Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, München und Tübingen.
1920 trat Bauer der SPD bei und übernahm 1931 den Vorsitz der Ortsgruppe Stuttgart des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Mit 26 Jahren wurde er 1930, in Stuttgart, jüngster Amtsrichter Deutschland.
Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde Bauer im März 1933 verhaftet und war bis November 1933 im Konzentrationslager Heuberg und Garnisonsgefängnis Ulm inhaftiert. Im Mai 1933 wurde er aus dem Amt entlassen.
1936 floh Bauer nach Dänemark, wo bereits seine Schwester mit der Familie lebte. 1938 wurde Bauer die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen.
Am 9. April 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht Dänemark. Am 11. September wurde Bauer verhaftet, nach drei Monaten wieder freigelassen, erneute Verhaftung erfolgte im Juni 1941. Bis 1943 lebt Bauer danach in der Illegalität.
1943 heiratet Bauer die Dänin Anna Maria Petersen, eine Scheinehe, von der sich Bauer vergeblich Schutz vor Verfolgung erhoffte. Als im Oktober die Deportation der Juden in Dänemark begann, kann Bauer mit seinen Eltern, seiner Schwester und deren Familie auf einem Fischerboot nach Schweden fliehen.
1943 lernt Bauer Willy Brandt in Schweden kennen und gründet gemeinsam mit ihm die Zeitschrift „Sozialistische Tribüne“.
Nach Kriegsende kehrt er zurück nach Kopenhagen und betreut dort u.a. Kriegsflüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten.
Fritz Bauer kann mit Unterstützung Kurt Schumachers 1949 nach Deutschland zurückkehren.
1950 wird er zum Landgerichtsdirektor, dann zum Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht Braunschweig ernannt. Bauer schließt sich der „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen“ an und wird Mitglied des „Rechtspolitischen Ausschusses“ der SPD.
1952 ist er Ankläger im Prozess gegen den ehemaligen Generalmajor Otto Ernst Remer wegen übler Nachrede und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Remer hatte die Attentäter des 20. Juli des Hoch- und Landesverrats bezichtigt.
1956 wird er zum hessischen Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main ernannt.
Fritz Bauer erhält 1957 durch einen ehemaligen KZ-Häftling Hinweise auf den Aufenthaltsort Adolf Eichmanns in Argentinien und leitet diese an die israelischen Behörden weiter. Ein Vorgehen, in das er nur den hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn einweihte. Erst nach seinem Tod wird Fritz Bauers Beteiligung an der Ergreifung Eichmanns öffentlich bekannt.
1959 erhält Bauer Auschwitz-Dokumente über Erschießungen von Häftlingen „auf der Flucht“. Auf seine Initiative werden die weiteren Ermittlungen zum Gesamtkomplex Auschwitz vom Bundesgerichtshof dem Landgericht Frankfurt zugewiesen. Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht leitet ein Ermittlungsverfahren gegen Angehörige des SS-Personals von Auschwitz ein. Bauer beauftragt den Staatsanwalt mit Ermittlungen gegen den ehemaligen Leiter der medizinischen Abteilung und Obergutachter der „Aktion Gnadentod“ Werner Heyde sowie gegen drei weitere Haupttäter der Euthanasiemorde.
Der Prozess gegen Adolf Eichmann 1961 in Jerusalem erregt internationales Aufsehen. Erstmals kommt hier der Massenmord an den europäischen Juden ausführlich zur Sprache, Eichmann wird zum Tode verurteilt. Im November tritt Bauer der eben gegründeten „Humanistischen Union“ bei, die sich für eine strikte Trennung von Kirche und Staat einsetzt.
1963 bis 1965 finden die ersten Auschwitz-Prozesse vor dem Landgericht Frankfurt gegen 22 Angeklagte statt. Der Prozess stellt am Ende das Geschehen des organisierten Massemords unleugbar fest. Hinter die Anerkennung der Tatsachen führt danach kein Weg mehr zurück.
Fritz Bauer stirbt plötzlich und unerwartet. Er wurde am 1. Juli 1968 in seiner Wohnung in der Badewanne tot aufgefunden.
Margret Bergmann-Lambert
- Geburtsdatum
- 12.04.1914
- Geburtsort
- Laupheim
- Wohnort
- Laupheim
- Schule
- jüdische Grundschule / Realschule / in Laupheim; Gymnasium Ulm
- Ausbildung/Beruf
- Leichtathletin
- Todesdatum
- 25.07.2017
- Details zum Tod
- in New York
Gretel Bergmann trat mit sechs/sieben Jahren dem örtlichen Turn- und Sportverein Laupheim bei. Im Alter von zehn Jahren bestritt sie ihre ersten Wettkämpfe.
1930 trat sie für den Ulmer Fußball-Verein 1894 an und erreichte bei den Süddeutschen Meisterschaften im Hochsprung mit 1,47 m den 2. Platz. Im Jahr darauf stellte sie mit einer übersprungenen Höhe von 1,51m einen süddeutschen Rekord auf.
Zum Höhepunkt ihrer Karriere sollten die Olympischen Spiele 1936 in Berlin werden. Im April 1933 wird sie aber wegen ihrer jüdischen Herkunft aus dem Sportverein ausgeschlossen.
Gretel Bergmann emigriert daraufhin nach England, gewann 1934 die Britische Meisterschaft im Hochsprung und hoffte auf eine Nominierung für das britische Olympiateam.
Die Nationalsozialisten drohten mit Repressalien gegen ihre Familie und nötigten sie so zur Rückkehr. Ihre Präsenz in den Vorbereitungen für Olympia sollte dem Ausland zeigen, dass auch jüdische Sportler gleichberechtigt an den Spielen teilnehmen dürfen. Die Reichssportführung hoffte, damit den drohenden Olympia-Boykott durch die USA und andere Staaten abzuwenden.
Es gab jedoch keine angemessenen Trainingsmöglichkeiten mehr für Juden im Deutschen Reich. Obwohl Gretel Bergmann ins Olympia-Team sollte, durfte sie in keinem Verein starten. In dieser ausweglosen Situation bot ihr der jüdische Sportbund Schild die Möglichkeit zu trainieren. Sie war oft stundenlang unterwegs um in Stuttgart auf dem Sportplatz zu üben.
Im Juni 1936 nahm sie an der württembergischen Meisterschaft teil und gewann diese, stellte dabei den deutschen Rekord (1,60 m) ein.
Wegen angeblich „unsteter Leistungen“ darf sie jedoch nicht bei den Spielen in Berlin starten.
Am 8. Mai 1937 verließ Gretel Bergmann ihre deutsche Heimat und ging in die USA.
Dort heiratet sie den ebenfalls emigrierten Arzt Bruno Lambert. Der Neuanfang ist schwierig, die Trainingsmöglichkeiten sind bescheiden. Dennoch gelingt es ihr, 1937 und 1938 die US-amerikanische Meisterschaft im Hochsprung, 1937 auch im Kugelstoßen zu erringen. Als Margaret Lambert bekommt sie mit ihrem Mann zwei Kinder und lebt im New Yorker Stadtteil Queens.
60 Jahre nachdem die nationalsozialistische Sportführung ihr die Teilnahme an den Spielen verweigert hat, lud Walther Tröger, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, Margaret Lambert und ihren Mann ein, als Gäste des deutschen NOK die Olympischen Spiele in Atlanta 1996 zu besuchen. Erst 2009 fügte der Deutsche Leichtathletik-Verband den Rekordsprung von 1936 in seinen Statistiken hinzu.
Willi Bleicher
- Geburtsdatum
- 27.10.1907
- Geburtsort
- Cannstatt
- Ausbildung/Beruf
- Bäcker
- Verhaftung
- 03.01.1936
- Todesdatum
- 23.06.1981
Willi Bleicher trat als gelernter Bäcker 1925 dem Deutschen Nahrungs- und Genussmittel-Arbeiter-Verband bei, später als Hilfsarbeiter wurde er dann Mitglied im Deutschen Metallarbeiter-Verband.
Er war bis 1929 Mitglied der KPD, wurde wegen Kritik an der „innerparteilichen Demokratie“ und derer Ausrichtung der Partei ausgeschlossen. Daraufhin wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei-Opposition (KPO).
1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ging Bleicher erst in die Schweiz und dann nach Frankreich, kam aber zurück nach Stuttgart.
Er beteiligte sich bei illegalen kommunistischen Widerstandstätigkeiten in den Stuttgarter Neckarvororten. Er wurde durch Verrat am 3. Januar 1936 während der Arbeit auf dem Daimler-Gelände verhaftet. Im November wurde er zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Nach Ende der Haftstrafe wurde er jedoch nicht freigelassen, sondern in das Schutzhaftlager Welzheim eingeliefert und im Oktober 1938 ins KZ Buchenwald, wo er bis zur Befreiung 1945 inhaftiert war. Dort gehörte er einer Widerstandsorganisation an.
In dem Roman Nackt unter Wölfen wird die Rettung eines polnischen Kindes durch eine Gruppe von Häftlingen im KZ Buchenwald beschrieben, 1963 wurde bekannt, dass es sich bei einem der Häftlinge um Willi Bleicher handelte.
Nach dem Krieg engagierte sich Willi Bleicher als Gewerkschafter, war ab 1948 Gewerkschaftsfunktionär und stieg in den 1950er Jahren an die Spitze der IG Metall in Baden-Württemberg auf.
Wilhelm Boger
- Geburtsdatum
- 19.12.1906
- Geburtsort
- Zuffenhausen
- Schule
- Mittlere Reife
- Ausbildung/Beruf
- Kaufmännische Lehre
- Eintritt NSDAP
- 1929
- Eintritt SS
- 1930
- Funktionen
- Oberscharführer der Waffen-SS im Konzentrationslager Auschwitz, Mitarbeiter der politischen Abteilung im KZ-Auschwitz
- Verurteilung
- 19.08.1965
- Haftstrafen
- wegen Mordes in mindestens fünf Fällen und gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslänglich und zusätzlich 15 Jahren Zuchthaus
- Todesdatum
- 03.04.1977
Wilhelm Boger war Schüler der Bürgerschule II – der heutigen Heusteigschule – die er 1922 mit der Mittleren Reife abschließt. Von Dezember 1942 bis 1945 war Boger Mitarbeiter der politischen Abteilung im Konzentrationslager Auschwitz. Sein Sadismus trug ihm den Beinamen "Bestie von Auschwitz" ein. Er erfand die nach ihm benannte "Boger-Schaukel", ein Foltergerät. Boger beteiligte sich an Selektionen, Erschießungen und der Tötung von Häftlingen.
Im Juni 1945 wurde Boger verhaftet, ihm gelang bei der Auslieferung nach Polen zunächst die Flucht. Er konnte drei Jahre untertauchen, durch Vermittlung seines Bruders fand Boger 1950 eine Anstellung bei der Firma Heinkel in Stuttgart-Zuffenhausen. Er lebte mit Frau und drei Töchtern unbehelligt unter seinem richtigen Namen in Hemmingen.
Im Februar 1951 wurde das Entnazifizierungsverfahren vor der Hauptspruchkammer Stuttgart, die Boger als Hauptschuldigen anklagte, ergebnislos eingestellt. Erst im Oktober 1958 kam es nach einer Strafanzeige von einem ehemaligen Auschwitz-Häftling zu einer erneuten Verhaftung. Im Auschwitz-Prozess, vom hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer initiiert, wurde Wilhelm Boger 1965 in Frankfurt zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er bestritt bis zuletzt jede unmenschliche Handlung während seiner Tätigkeit in Auschwitz und sah sich als Opfer eines Terrorurteils. Boger starb 1977 in der Haft.
Eugen Bolz
- Geburtsdatum
- 15.12.1881
- Geburtsort
- Rottenburg
- Wohnort
- Stuttgart
- Schule
- Lateinschule in Rottenburg, Karls-Gymnasium in Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Studium Rechtswissenschaften in Tübingen / Jurist
- Hinrichtung
- 23.01.1945
- Details zur Hinrichtung
- Enthauptet
- Haftstrafen
- 19.06.1933; mehrere Wochen; Festung Hohenasperg
- 12.08.1944
Eugen Bolz studierte Rechtswissenschaft in Tübingen, Bonn und Berlin. Als Zentrumsabgeordneter kam er im Januar 1912 in den Reichstag und im November des gleichen Jahres in den württembergischen Landtag, im Oktober 1919 wurde er württembergischer Justizminister, im Juni 1923 Innenminister und im Juni 1928 Staatspräsident.
Als Gegner des Nationalsozialismus wurde er im März 1933 aus seinem Amt verdrängt. Am 19. Juni 1933 wurde Bolz verhaftet und auf der Festung Hohenasperg interniert.
Ende 1941/Anfang 1942 kam Eugen Bolz in Verbindung mit dem Widerstandskreis um Carl Goerdeler. Von Goerdeler für einen führenden Posten in der Reichsregierung vorgesehen, wurde er nach dem missglückten Attentat vom 20. Juli 1944 auf Hitler am 12.8.1944 verhaftet, vom Volksgerichtshof Freislers zum Tode verurteilt und am 23.Januar 1945 in Berlin-Plötzensee enthauptet.
Robert Bosch
- Geburtsdatum
- 23.09.1861
- Geburtsort
- Albeck
- Schule
- Ulmer Realschule von 1869 bis 1876
- Ausbildung/Beruf
- Mechaniker Lehre
Der Stuttgarter Industrielle Robert Bosch steht als überzeugter Liberaler dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber. Nach 1933 bildet er das Zentrum eines nach ihm benannten oppositionellen Kreises, dem auch einige seiner engsten Mitarbeiter, wie der „Betriebsführer“ des Konzerns Hans Walz, angehören.
Bosch und Walz unterstützen verfolgte Juden und pflegen geheime Kontakte zu jüdischen Führungspersönlichkeiten wie Leo Baeck. Das Unternehmen wird zur Anlaufstelle des Widerstandes gegen Hitler.
Bosch beruft Carl Goerdeler zum „Wirtschaftsberater“ der Firma und ermöglicht es ihm und seinen Freunden, auf vorgetäuschten Geschäftsreisen im Ausland Kontakte zu knüpfen und über die Ziele der Hitler-Gegner zu informieren.
Mitglieder des Bosch-Kreises bauen zudem eigene Auslandskontakte auf und informieren über die Entwicklung in Deutschland. Bosch stirbt im März 1942. Die Mitglieder des Boschkreises setzten in enger Zusammenarbeit mit Goerdeler ihre Widerstandstätigkeit fort. Der wirtschaftspolitische Berater der Bosch GmbH Albrecht Fischer ist in die Pläne zum Staatsstreich eingeweiht und stellt sich als politischer Beauftragter für den Wehrkreis V (Stuttgart) zur Verfügung.
Text entnommen von Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Hermann Cuhorst
- Geburtsdatum
- 22.07.1899
- Geburtsort
- Ellwangen
- Schule
- Gymnasium Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Rechtswissenschaften in Tübingen
- Eintritt NSDAP
- 01.12.1930
- Eintritt SS
- förderndes Mitglied ab Januar 1934
- Funktionen
- ab April 1933 - Vorsitzender Sondergericht Stuttgart
- Details zur Verhaftung
- Oktober 1945 Kriegsgefangenschaft
- Freispruch
- 04.12.1947
- Details zum Freispruch
- Mangel an Beweisen
- Verurteilung
- 14.07.1949
- Details zur Verurteilung
- Hauptschuldiger, sechs Jahre Arbeitslager
- Haftstrafen
- 23. November 1946 bis 03. Dezember 1947 Haft in Nürnberg, 09. Dezember 1947, Ludwigsburg, Vorzeitige Entlassung am 20. Dezember 1950
- Todesdatum
- 05.08.1991
- Details zum Tod
- Grabstätte befindet sich auf dem Pragfriedhof
Cuhorst kam im Alter von ca. 5 Jahren nach Stuttgart. 1917 wurde er Soldat und erlebte die letzten Kriegsjahre des Ersten Weltkrieges an der Westfront, ins Zivileben kehrte er erst 1919 zurück. Sein Studium der Rechtswissenschaften begann er 1919 in Tübingen.
Dem Militärischen hing er weiterhin an (Studentenbataillon und Freikorps). Nach Ende des Jurastudiums war er u.a. am Amtsgericht Stuttgart, in der württembergischen Innenverwaltung im Oberamt Esslingen und ab 1930 als Amtsrichter in Stuttgart, beschäftigt. Darüber hinaus war er seit 1918 im Deutschen Alpenverein engagiert.
Am 1. Dezember 1930 wurde er Mitglied der NSDAP. 1937 wurde Cuhorst Vorsitzender des Stuttgarter Sondergerichts. In der Abschreckung und Ausmerzung sah Cuhorst die wesentliche Aufgabe der Justiz. Schnell war er in ganz Württemberg als Blutrichter der schlimmsten Sorte, durch die brutale Art der Verhandlungsführung bzw. willkürliche Strafzumessung, bekannt.
Von insgesamt 2.600 vor dem Stuttgarter Sondergericht verhandelten Fällen fielen ca. 1.200 unter den Vorsitz von Cuhorst, darunter etwa 120 Todesurteile.
1944 wurde Cuhorst, auch auf sein eigenes Betreiben hin, seines Amtes enthoben und zur Wehrmacht einberufen. Bis zum Kriegsende im April 1945 war er in Norwegen und kam dann in französische Kriegsgefangenschaft.
Josef Eberle
- Geburtsdatum
- 08.09.1901
- Geburtsort
- Rottenburg am Neckar
- Ausbildung/Beruf
- Buchhändler/Schriftsteller/Verleger
- Todesdatum
- 09.09.1986
- Details zum Tod
- in Samedan, Graubünden
Josef Eberle ging 1917 in eine Buchhändlerlehre und arbeitete danach in Berlin, Stuttgart, Karlsruhe, Baden-Baden und Leipzig. Ab 1927 arbeitete er als Lektor und Leiter der Vortragsabteilung des Süddeutschen Rundfunks.
Seine Frau Else, geb. Lemberger, die einer jüdischen Familie entstammte, heiratete er am 3. September 1929.
Nach der Besetzung des Stuttgarter Funkhauses am 8. März 1933 durch die Nationalsozialisten erhielt Eberle zunächst Hausverbot und wurde zum 30. Juni entlassen. Zwischen dem 13. Mai und 29. Juni 1933 wurde er im Konzentrationslager Heuberg inhaftiert. Nach seiner Entlassung lebten er und seine Frau in Rexingen.
Dort schrieb er unter dem Künstlername „Sebastian Blau“ Gedichte im schwäbischen Dialekt. Er wurde 1936 aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen, was einem Schreibverbot gleichkam.
Ab dem 1. Mai 1936 konnte er vorrübergehend beim amerikanischen Konsulat in Stuttgart arbeiten. Das Konsulat wurde im Juli 1942 geschlossen. Danach fand er als Bibliothekar bei der Württembergischen Feuerversicherung eine Anstellung.
Im Januar 1945 wurde seine Frau von der Gestapo aufgefordert sich zu einem „auswärtigen Arbeitseinsatz“ zu melden, daraufhin tauchten er und seine Frau unter.
Am 17. September 1945 erhielt er zusammen mit Karl Ackermann und Henry Bernhard die Lizenz zur Herausgabe der Stuttgarter Zeitung durch die amerikanische Militärregierung. Die erste Ausgabe erschien einen Tag später.
1954 wurde Josef Eberle alleiniger geschäftsführender Herausgeber der Zeitung, die er zu einer der profiliertesten liberalen Zeitungen Deutschlands und der bedeutendsten Zeitung in Südwestdeutschland auf- und ausbaute.
Fritz Elsas
- Geburtsdatum
- 11.07.1890
- Geburtsort
- Cannstatt
- Ausbildung/Beruf
- Studium Jura, Promotion zum Doktor der Staatswissenschaften
- Todesdatum
- 04.01.1945
- Details zum Tod
- im KZ Sachsenhausen
Fritz Elsas, Sohn eines jüdischen Textilindustriellen und Kommerzienrats, studiert Rechts- und Staatswissenschaften in München, Berlin und Tübingen, wo er 1912 zum Dr. rer. pol. promoviert.
Er tritt während seiner Studienzeit zum christlichen Glauben über und beginnt nach dem Militärdienst und mehreren Studienreisen seine Berufslaufbahn als Hilfsarbeiter bei der Handelskammer in Stuttgart. Elsas, seit 1919 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, zählt bald zu den führenden Kommunalpolitikern der Weimarer Zeit und ist seit 1931 Bürgermeister von Berlin.
Unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wird er seines Amtes enthoben. Er bleibt in Berlin, betreibt wissenschaftliche Studien, unterstützt Menschen, die aus Deutschland emigrieren müssen, und versucht als Wirtschafts- und Devisenberater, seine immer gefährdete Existenz zu sichern. Ende Juni 1937 wird er verhaftet und bis zum 1. November 1937 in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit inhaftiert. Seit den zwanziger Jahren steht er in Verbindung mit Carl Goerdeler. Für den Fall eines gelungen Staatsstreichs sehen die Verschwörer Elsas als Leiter der Reichskanzlei in einer neugebildeten Regierung vor. Nach dem gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 nimmt Elsas den verfolgten Carl Goerdeler zweimal in sein Haus auf, obwohl er selbst als Jude besonders gefährdet ist. Am 10. August 1944 wird Fritz Elsas verhaftet, im Dezember aus dem Zellengefängnis Lehrter Straße in Berlin in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht und dort am 4. Januar 1945 ohne jede Gerichtsverhandlung ermordet. Seine Frau Maria und seine drei Kinder kommen in „Sippenhaft“ und werden bei Kriegsende befreit.
Text entnommen von Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Friedrich Enchelmayer
- Geburtsdatum
- 13.08.1908
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Aberlin-Jörg-Straße 12 (bis 1945 Koburger Straße), Stuttgart
- Schule
- Volksschule Untertürkheim
- Ausbildung/Beruf
- Eisendreher
- Todesdatum
- 09.11.1940
- Haftstrafen
- 07. Dezember 1937 in Ludwigsburg, 2 Jahre, 1 Monat
- Ab 01. Juni 1940 KZ Dachau
- Ab 03.09. 1940 KZ Sachsenhausen
- Am 30.09.1940 KZ Neuengamme
Friedrich Enchelmayer verlor 1914 mit sechs Jahren seinen Vater. Er besuchte die Volksschule in Untertürkheim und arbeitete anschließend als Eisendreher. 1929 geht er in die Schweiz zum Arbeiten. 1932 arbeitet er in Ostpreußen in der Landwirtschaft.
Wegen seiner Homosexualität stand der 1934 das erste mal vor Gericht und wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. 1937 wurde er erneut verhaftet und zu 2 Jahren und 1 Monat Zuchthaus verurteilt.
Im Juni 1940 kam er ins KZ Dachau, von dort am 3. September nach Sachsenhausen, schließlich der Weitertransport am 30. September nach Neuengamme. Friedrich Enchelmayer bekommt die Häftlingsnummer 011 955 und wird als Berufsverbrecher eingestuft.
Am 9. November um 21 Uhr erliegt er einem Herzschlag, wie es heißt. Wenige Wochen zuvor war er in Ludwigsburg als „gesund und arbeitsfähig“ entlassen worden.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart; DER LIEBE WEGEN
Garry Fabian
- Geburtsdatum
- 10.01.1934
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Stuttgart, Stälinweg 18
Gerhard Fabian wird Anfang 1934 in Stuttgart geboren, wohin die Eltern erst wenige Monate zuvor gezogen waren. Nach der Verschärfung der antijüdischen Maßnahmen durch die Nürnberger Gesetze kaufen sein Vater und die Großeltern mütterlicherseits im tschechischen Bodenbach eine Fabrik für chirurgische Instrumente. Hier – so hofft die Familie – ist sie vor dem anwachsenden Terror der Nationalsozialisten sicher. Doch im September 1938 lässt Hitler das Sudetenland, die Grenzregion Tschechiens zu Deutschland, in der auch Bodenbach liegt, besetzen. Abermals muss die Familie fliehen.
Nach einigen Irrwegen kann sie in Prag untertauchen. Obwohl Deutschland inzwischen allen jüdischen Bürgern die Staatsangehörigkeit genommen hat, gelten sie für die tschechischen Behörden als Deutsche. Auch die Familie Fabian lebt daher illegal in Prag. Mit schlecht bezahlten Gelegenheitsarbeiten und häufigen Quartierwechseln entgeht die Familie der Ausweisung. Im März 1939 okkupiert die Wehrmacht auch die bislang noch freien Teile Tschechiens. Zum dritten Mal geraten damit Gerhard Fabian und seine Familie unter die Herrschaft der Nationalsozialisten. Obwohl sie nun den verschiedenen antijüdischen Gesetzen unterworfen sind, stabilisiert sich paradoxerweise vorerst ihre Situation. Sie sind offiziell als Bewohner Prags gemeldet und erhalten eine Wohnung.
Im Juli 1941 ermorden tschechische Widerstandskämpfer Reinhardt Heydrich , den obersten Vertreter des deutschen Regimes im besetzten Tschechien. Die Nationalsozialisten antworten mit Erschießungen und Terrormaßnahmen. Nur wenige Wochen später wird die alte Garnisonsstadt Theresienstadt in ein großes Ghetto für tschechische und deutsche Juden umgewandelt. Im November 1942 werden auch Fabian und seine Familie nach Theresienstadt deportiert. Seine Großeltern überleben nicht, Fabian selbst erkrankt mehrfach, erholt sich aber wieder. Kaum zehn Jahre alt wird er zur Zwangsarbeit eingeteilt und muss Uniformteile nähen. Ende 1944 treffen Transporte aus den aufgelösten Konzentrationslagern im Osten in Theresienstadt ein. Die ausgehungerten und ausgemergelten Menschen bestätigen den entsetzten Bewohnern die Existenz von Vernichtungslagern, an die bisher viele nicht hatten glauben wollen. Hoffnung auf Befreiung und die Angst, in den letzten Wochen doch noch Opfer der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten zu werden, wechseln sich ab, ehe Anfang Mai 1945 die Rote Armee Theresienstadt befreit. Fabian und seine Eltern haben überlebt, doch von 15 000 Kindern, die im Lauf der Jahre nach Angabe Fabians ins Lager kamen, erlebten nur einhundertfünfzig ihre Befreiung.
Im Juli verlässt die Familie Theresienstadt und geht nach Bodenbach zurück. Fabian besucht jetzt zum ersten Mal durchgehend die Schule und kann 1947 seine Bar Mizwa, den Eintritt in die Gemeinschaft der jüdischen Erwachsenen, feiern. Doch abgesehen von solch raren Festtagen ist die Situation der Familie problematisch. Die Abfindung für die konfiszierte Firma wird vom tschechischen Staat nicht bezahlt, zudem wird das politische Klima unter sowjetischem Einfluss für Juden spürbar kälter. Nochmals brechen daher Fabian und seine Familie auf; 1948 ist die Emigration in ihre neue Heimat Australien abgeschlossen. 1952 wird Fabian australischer Staatsbürger und tauscht den Vornamen Gerhard gegen Garry ein. 1987 kehrt er erstmals nach Europa zurück und besucht dabei auch Theresienstadt. 2001 kommt er auf Einladung der Stadt auch nach Stuttgart und lernt Inge Auerbacher kennen, die wie er als Kind in Theresienstadt interniert war. Beide hatten nicht geglaubt, dass außer ihnen selbst ein anderes Kind aus Stuttgart das Lager überlebt hat. 2004 machen sich Auerbacher und Fabian auf Initiative der Stiftung Geißstraße 7 nochmals gemeinsam auf den Weg nach Theresienstadt. Die Fahrt wird von deutschen Jugendlichen begleitet. Die bewegenden Erinnerungen von Auerbacher und Fabian, ihre intensiven Gespräche miteinander und mit den begleitenden Jugendlichen werden in Text und Film dokumentiert.
Autor: Text entnommen von Zeichen der Erinnerung
Rudolf Formis
- Geburtsdatum
- 25.12.1894
- Geburtsort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Ingenieur und Radiotechniker
- Todesdatum
- 23.01.1935
Der Rundfunkpionier Rudolf Formis baut 1923 die ersten Sendeanlagen des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart und arbeitet hier zehn Jahre als Rundfunktechniker. An der Besetzung und Übernahme des Stuttgarter Funkhauses durch die Nationalsozialisten im März 1933 nimmt er als SA-Mitglied teil.
Wenig später gerät er, unter anderem wegen seiner jüdischen Herkunft, mit der NSDAP in Konflikt. Formis verlässt Deutschland und schließt sich im Frühjahr 1934 in Prag Otto Strassers Schwarzer Front an, die in den zwanziger Jahren aus dem sozialrevolutionären Flügel der NSDAP entstanden ist und in klarer Opposition zu dieser steht. Formis wird Vertriebsleiter der von Otto Strasser herausgegebenen Zeitschrift „Die Deutsche Revolution“. Vor allem aber baut er südwestlich von Prag einen Geheimsender der Schwarzen Front auf.
Ab Herbst 1934 sendet Formis jeden Abend oppositionelle Informationen und Kommentare ins Reichsgebiet und erregt damit den Unwillen des NS-Regimes. Nach erfolglosen Aufforderungen an die tschechische Regierung, den illegalen Sender zu verbieten, beauftragt im Januar 1935 SD-Chef Reinhardt Heydrich den SS-Scharführer Alfred Naujocks, den Sender zu zerstören und Formis zu entführen. Bei einem Schusswechsel wird Formis tödlich getroffen. Der Täter kann nach Deutschland entkommen.
Text entnommen von Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Hans Gasparitsch
- Geburtsdatum
- 30.03.1918
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Kanonenweg 174, Stuttgart-Ostheim (heute Haußmannstraße)
- Ausbildung/Beruf
- Schriftsetzer / Bauingenieur ab 1967
- Verhaftung
- 14.03.1935
- Verurteilung
- 25.03.1936
- Details zur Verurteilung
- zunächst zu zweieinhalb Jahren Gefängnis
- Haftstrafen
- 26. Oktober 1937 bis 15. November 1937, KZ Welzheim
- 15. November 1937 bis 27. September, Dachau
- 27. September 1939 bis 2. März 1940, KZ Flossenbürg
- 2. März 1940 bis 18. Juli 1944, Dachau
- 18. Juli 1944 bis 11. April 1945, KZ Buchenwald
Hans Gasparitsch wuchs im Stuttgarter Osten als Kind von Johannes und Elisabeth Gasparitsch auf. Die Realschule brach er ab, nachdem sein Vater das Schulgeld nicht mehr zahlen konnte und begann 1932 eine Lehre zum Schriftsetzer. Im Freundeskreis von Gasparitsch formierte sich nach 1933, zunächst als Wandergruppe, eine Widerstandsgruppe von Jugendlichen, die „Gruppe G“.
Am 14. März 1935 malte Hans Gasparitsch, damals 16 Jahre alt, die Parole "Rotfront" und "Hitler = Krieg" an die Sockel der Rossebändiger-Statuen, im Unteren Schlossgarten. Er wurde auf Grund von Farbrückständen auf seiner Kleidung überführt. Zu zweieinhalb Jahren Gefängnis wurde er zunächst verurteilt, nach dieser Zeit aber nicht, wie erwartet entlassen, sondern in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. Weitere 20 Jugendliche, Mitglieder der „Gruppe G“ wurden in diesem Prozess wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt; ein Fotoalbum von Hans Gasparitsch hatte der Polizei die Spuren gewiesen.
Eugen Grimminger
- Geburtsdatum
- 29.07.1892
- Geburtsort
- Crailsheim
- Wohnort
- Altenbergstraße 42, Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Revisor, Wirtschaftstreuhänder
- Verhaftung
- 02.03.1943
- Verurteilung
- 19.04.1943
- Details zur Verurteilung
- zu zehn Jahren Zuchthaus
- Todesdatum
- 10.04.1986
Eugen Grimminger wurde, am 29. Juli 1892 in Crailsheim geboren als Sohn eines Lokomotivführers. Er diente als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918, aus dem er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse – und als überzeugter Kriegsgegner zurückkehrte.
Nach seiner Entlassung beim Genossenschaftsverband, wegen „jüdischer Versippung“ gründete er 1937 ein Treuhand- und Beratungsbüro. Er benützte seine Tätigkeit auch dazu, politisch Verfolgten zu helfen, z. B. bei der Flucht in die Schweiz.
Als 1942 Robert Scholl, Vater von Hans und Sophie Scholl, eine Gefängnisstrafe wegen Verunglimpfung Adolf Hitlers antreten musste, half er ihm. Hier lernte er auch Sophie Scholl kennen. Ende November 1942 wurde Eugen Grimminger von Hans Scholl für die „Weiße Rose" um Geld angesprochen. Im Zeitraum Dezember 1942 bis Februar 1943 erfolgten mehrere Geldübergaben in Stuttgart durch seine Mitarbeiterin Tilly Hahn in München.
Am 2. März 1943 wurde Eugen Grimminger in Stuttgart von der Gestapo verhaftet und nach München überführt. Im zweiten "Weiße Rose" Prozess am 19. April 1943 wurde er zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.
Die vom Staatsanwalt beantragte Todesstrafe konnte in letzter Minute abgewendet werden.
Eugen Grimminger erfuhr 1944 im Zuchthaus in Ludwigsburg vom Tod seiner Frau und unternahm daraufhin einen Selbstmordversuch, den er überlebte.
Er starb 1986 im Alter von 94 Jahren.
Jenny Grimminger
- Geburtsdatum
- 26.11.1895
- Geburtsort
- Michelbach
- Wohnort
- Altenberg Straße 42, Stuttgart
- Verhaftung
- 10.04.1943
- Deportation
- 11.04.1943
- Details zur Deportation
- zunächst ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück, später nach Auschwitz
- Todesdatum
- 02.12.1943
- Details zum Tod
- in Auschwitz zu Tote gekommen
Jenny kam als erstes Kind von Jakob und Sidonie Stern in Michelbach auf die Welt. Im Jahr 1903 zog die Familie nach Crailsheim. Nach dem Ersten Weltkrieg war Jenny auf dem Amt in Crailsheim angestellt. Dort lernte sie vermutlich Eugen Grimminger kennen.
Am 29. August 1922 heiratete Jenny Eugen Grimminger.
1926 zog sie mit ihrem Ehemann in eine Wohnung in Stuttgart-Untertürkheim.
Jenny konnte sich sicher sein, dass ihr Mann nicht daran dachte sich von ihr scheiden zu lassen. Ihr Mann stand dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber und er war nicht bereit den Kontakt mit jüdischen Menschen zu unterlassen, weshalb er auch seinen Job verlor.
Die politisch motivierten Aktivitäten ihres Mannes verfolgte Jenny Grimminger mit großer Besorgnis, die noch zunahmen als am 1. Dezember 1941 ihre Schwester Senta Meyer mit ihren vier Kindern Gertrud 19 Jahre, Lore 16 Jahre, Fritz Jakob 14 Jahre und Ilse 11 Jahre alt nach Riga deportiert wurden.
Im März 1943 wurde Eugen Grimminger von der Gestapo verhaftet, bis zur Inhaftierung ihres Mannes war Jenny durch die „Mischehe“ vor einer Deportation sicher. Mit der Verhaftung verlor sie diesen Schutz und wurde am 10. April 1943 festgenommen, anschließend deportiert und starb nach Angabe der Lagerleitung am 2. Dezember 1943 an Auszehrung durch einen Darmkatarrh.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Alfred Hausser
- Geburtsdatum
- 27.08.1912
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Stuttgart-Gablenberg
- Ausbildung/Beruf
- Mittlere Reife / Mechaniker Lehre
- Verhaftung
- 1934
- Todesdatum
- 12.08.2003
Alfred Hausser wurde als Sohn einer Arbeiterfamilie in Stuttgart geboren.
1930 wurde er Mitglied und später Funktionär des Kommunistischen Jugendverbandes. 1934 wurde er als 22-Jähriger von den Nazis verhaftet und wegen der Verteilung von Flugblättern gegen das Hitlerregime als Hochverräter vor dem Volksgerichtshof in Berlin zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Während der Haft im Zuchthaus Ludwigsburg unterstand Alfred Hausser Maßnahmen wie Einzelhaft und Sprechverbot. In dieser Zeit wurde er auch zur Zwangsarbeit für die Firma Bosch im Gefängnisbetrieb eingeteilt.
Eine Entschädigung für die Zwangsarbeit hat er in der Bundesrepublik nie erhalten.
Nach der Befreiung durch die Amerikaner kehrte er nach Stuttgart zurück und gründete hier mit anderen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN). Von 1961 bis 1992 war er Landesvorsitzender.
Carl Hermann
- Geburtsdatum
- 17.06.1898
- Geburtsort
- Lehe
- Ausbildung/Beruf
- Studium Mathematik und Physik, Promotion Physik, Habilitation TH Stuttgart
- Todesdatum
- 12.09.1961
Carl Hermann kam über das Studium der Mathematik zur Theoretischen Physik und als Assistent an der Technischen Hochschule in Stuttgart zur Kristallstrukturforschung. Hermann leistete bedeutende Arbeiten zu Symmetrietheorie der Kristalle.
Carl Hermann und seine Frau Eva stammten aus traditionellen evangelischen Familien, bekannten sich aber ab 1933 als Quäker.
Im Jahr 1935 gab Hermann seine Stelle an der Technischen Hochschule auf, weil er nicht bereit war, dem NS-Regime Zugeständnisse zu machen, vermutlich hatte er sich geweigert der NSDAP beizutreten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Quäker als Pazifisten und NS-Gegner schon in den Blick der SS geraten.
Hermann arbeitete fortan in Ludwigshafen bei der I.G. Farben-Industrie. Als er 1940 ein Buchprojekt genehmigen lassen will, wird dies mit der Begründung dass er nicht die Gewähr dafür bietet sich rückhaltlos für den NS-Staat einzusetzen, abgelehnt. Auch seine Kontakte zu Juden werden ihm vorgehalten.
Hermann und seine Frau gehörten zu einem Helferkreis von Quäkern, sie unterstützten Juden in der Gefangenschaft in Gurs und versteckten Juden vor der drohenden Deportation in ihrer Wohnung. Als die Gestapo den Helferkreis aufdeckte kamen auch Eva und Carl Hermann in Haft.
Hermann gab bei der Gestapo offen zu, dass er die NS-Rassenlehre und die Rassegesetze ablehnte und bekannte sich zu seinem Pazifismus. Im Juli 1943 wurde Carl Hermann zu acht Jahren Zuchthaus, seine Frau zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Nach 1945 fand Hermann wieder zurück in die Forschung, zunächst als Dozent an der TH Darmstadt, danach an der UNI Marburg. Im Jahr 1976 wurden er und seine Frau postum von der Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.
Lilo Herrmann
- Geburtsdatum
- 23.06.1909
- Geburtsort
- Berlin
- Wohnort
- Hölderlinstraße 22, Stuttgart-West
- Schule
- Abitur
- Ausbildung/Beruf
- Studium Chemie an der Technischen Hochschule Stuttgart - Studium Biologie in Berlin
- Verhaftung
- 07.12.1935
- Verurteilung
- 12.06.1937
- Details zur Verurteilung
- Verurteilung zum Tod
- Hinrichtung
- 20.06.1938
- Details zur Hinrichtung
- enthauptet, in Berlin-Plötzensee
Lilo Herrmann verlebte ihre Jugend zeitweise in Gießen, Frankfurt und Berlin. 1929 zog die Familie nach Stuttgart. Während ihres Studiums wurde sie Mitglied im kommunistischen Jugendverband. Nach vier Semestern ging Lilo nach Berlin, um dort Biologie zu studieren. 1931 trat sie in die KPD ein. Als 1933 die jüdischen Studenten und Professoren von den Universitäten verwiesen wurden, unterzeichnete Lilo Herrmann ein als Protest gegen diese Terrormaßnahme verfassten „Aufruf zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten an der Berliner Universität", deshalb wurde sie von der Universität ausgeschlossen.
In ihrer Berliner Wohnung versteckte sie eine Zeit lang Fritz Rau, einen ihr aus Stuttgart bekannten Redakteur, der illegal in Berlin agierte. Rau ist der Vater ihres Sohnes Walter, den sie am 15. Mai 1934 zur Welt brachte. Im September 1934 übersiedelte Lilo mit ihrem Sohn nach Stuttgart. Sie arbeitete als Stenotypistin im Ingenieurbüro ihres Vaters. In dieser Zeit nahm sie den Kontakt zu einer Widerstandsgruppe um Stefan Lovasz auf. Sie erledigte von ihrem Büro aus Schreibarbeiten für den im Untergrund lebenden KPD-Bezirksleiter Stefan Lovasz und erlangte Informationen über geheime Rüstungsprojekte, die sie an Kontaktadressen des KPD-Widerstands in der Schweiz weitergab.
Am 7.12.1935 wurde Lilo Herrmann in der Hölderlinstraße verhaftet; bei der Durchsuchung fand man hinter einem Spiegel den Plan einer Munitionsfabrik. Es dauerte 19 Monate, bis Lilo Herrmann nach unzähligen Verhören im "Hotel Silber" der Gestapo in Stuttgart vor Gericht gestellt wurde. Am 12.6.1937 wurde Lilo Herrmann zusammen mit den Mitangeklagten Stefan Lovasz, Artur Göritz und Josef Steidle "wegen Landesverrats" zum Tode verurteilt. Die Gefangenen wurden zur Hinrichtung nach Berlin verlegt.
Als das Urteil in der Öffentlichkeit bekannt wurde, gab es internationale Proteste. Initiativen in England, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz und der Tschechoslowakei versuchten, mit Unterschriften und Protestschreiben die Hinrichtung der jungen Mutter zu verhindern. Ihr Gnadengesuch wurde von Hitler persönlich abgelehnt.
Am 20.6.1938 wurde Lilo Herrmann zusammen mit ihren Mitverurteilten im Zuchthaus Berlin-Plötzensee hingerichtet, ihre Leichen wurden der Anatomie überstellt.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Hans Hildebrandt
- Geburtsdatum
- 29.01.1878
- Geburtsort
- Staufen
- Ausbildung/Beruf
- Studium Rechtswissenschaften, Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie, Promotion Kunstgeschichte
- Todesdatum
- 25.08.1957
Hans Hildebrandt entstammte einer alten badischen Juristenfamilie. Nach dem Abitur begann er, der Familientradition folgend ein Studium der Rechtswissenschaften.
1908 heiratete Hildebrandt die jüdische Malerin und Photographin Lily Uhlmann, der gemeinsame Sohn Rainer wurde 1914 geboren.
1912 habilitierte Hildebrandt an der Technischen Hochschule Stuttgart und übernahm dort einen Lehrauftrag.
Hildebrandt verfasste zahlreiche Städte- und Künstlermonographien, war Mitarbeiter mehrerer Kunst- und Architekturzeitschriften und übersetzte Le Corbusiers bahnbrechende Werke „Vers une Architecture“ sowie „Urbanisme“. Er wird häufig als einer der „progressivsten Kunsthistoriker sei den 1920er Jahren“ bezeichnet.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Hildebrandt für seine Ehe mit der jüdischen Künstlerin mehrfach sanktioniert. Bereits 1933 wurde ihm ein Schreibverbot auferlegt und 1933/194 die Berufung auf eine außerordentliche Professur an der TH in Dresden verhindert.
Seine Frau Lily durfte seit 1933 ihre Tätigkeit als Journalistin und ab 1935 ihren Beruf als Malerin nicht mehr ausüben.
1937 wurde Hans Hildebrandt in der Ausstellung „Entartete Kunst“ diffamiert, zudem die Lehrbefugnis aufgrund der „nichtarischen“ Abstammung seiner Ehefrau entzogen.
Lily Hildebrandt konnte durch eine Initiative ihres Mannes und ihres Sohnes, nach einer entwürdigenden Rassenuntersuchung, der rettende Status eines „jüdischen Mischlings", ersten Grades verschafft werden.
Der Sohn Rainer wurde 1942 zum Militärdienst einberufen und 1943/1944 zweimal wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zu insgesamt 17 Monaten Haft verurteilt.
Nach Ende des Nationalsozialismus erfolgte die Rückberufung von Hans Hildebrandt an die TH Stuttgart und die Wiederaufnahme seiner Lehrtätigkeit bis zu seiner Pensionierung 1948 im Oktober. Hans Hildebrandt wurde für die Zeit des erlittenen Unrechts keine Pension gewährt.
Hans Hildebrandt starb 1957 in Stuttgart, seine Frau 1974.
Rainer Hildebrandt ist der spätere Gründer des Mauermuseum-Museum Haus am Checkpoint Charlie in Berlin, der 2004 verstarb.
Else Himmelheber
- Geburtsdatum
- 30.01.1905
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Adlerstr. 24, Stuttgart
- Schule
- Volksschule
- Ausbildung/Beruf
- Kontoristin
- Haftstrafen
- 20.11.1933; zweieinhalb Jahre Zuchthaus KZ Moringen
Else Himmelheber wuchs als Kind einer Arbeiterfamilie im Stadtteil Ostheim auf. 1911 zog die Familie nach Heslach. Mit 13 Jahren schloss sich Else Himmelheber der kommunistischen Jugendorganisation an, später wurde sie auch Mitglied der Naturfreundejugend. 1924 wurde sie Mitglied der Kommunistischen Jugend Deutschlands und 1926 der Kommunistischen Partei Deutschlands. Von 1931 bis 1932 lebte sie in Berlin und schrieb u.a. Artikel für die KPD Parteizeitung.
Am 20.11.1933 wurde Else Himmelheber erstmalig verhaftet, zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt und anschließend ins KZ Moringen, in Niedersachsen eingewiesen. 1938 wurde sie durch Reichsführer SS Heinrich Himmler begnadigt und kam frei.
Sie zog zurück nach Stuttgart und traf 1943 Friedrich Schlotterbeck, den sie bereits aus ihrer Zeit in der kommunistischen Jugend kannte. Sie beteiligte sich am kommunistischen Widerstand rund um den Kreis der Familie Schlotterbeck.
Else Himmelheber und Friedrich Schlotterbeck verlobten sich. 1944, kurz vor der geplanten Hochzeit mit Friedrich Schlotterbeck, erfuhren sie von den Plänen die Familie Schlotterbeck und den Kreis der Widerstandskämpfer zu verhaften. Auf unterschiedlichen Wegen versuchten alle, in die Schweiz zu fliehen. Friedrich Schlotterbeck gelang die Flucht. Else Himmelheber wurde verhaftet und von der Gestapo in Stuttgart verhört. Sie wurde am 27. November 1944 zusammen mit Maria und Gotthilf Schlotterbeck, den Eltern von Friedrich Schlotterbeck und dessen Schwester Gertrud Lutz ins KZ Dachau transportiert und dort am 30. November 1944 ohne Gerichtsverhandlung erschossen.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Helle Hirsch
- Geburtsdatum
- 27.01.1916
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Seestraße 89, Stuttgart West
- Schule
- Dillmann-Gymnasium /Abitur
- Ausbildung/Beruf
- Architekturstudium in Prag
- Verhaftung
- 21.12.1936
- Details zur Verhaftung
- im Hotel Pelikan
- Verurteilung
- 08.03.1937
- Details zur Verurteilung
- Verurteilung zum Tod
- Hinrichtung
- 04.06.1937
- Details zur Hinrichtung
- enthauptet, in Berlin-Plötzensee
Helle Hirsch wurde als amerikanischer Staatsbürger geboren. Seine amerikanische Staatsbürgerschaft verlor er nach dem Ersten Weltkrieg. Im Alter von 15 Jahren trat er in Stuttgart der bündischen Horte bei, diese wurde 1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verboten. Nachdem Juden im Sommer 1935 ein Studium an einer deutschen Hochschule untersagt worden war, emigrierte Hirsch nach Prag, wo er ein Architekturstudium aufnahm.
Dort kam Hirsch in Verbindung zu der Hitler-feindlichen Schwarzen Front. Hirsch bekam den Auftrag einen Anschlag in Deutschland zu verüben. Nach anfänglichem Zögern willigte Hirsch ein, am 24. Dezember 1936 einen Sprengstoffanschlag auf eine Säule des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg zu verüben. Hirsch trat seine Reise am 20. Dezember mit dem Zug an. In Stuttgart legte er einen Zwischenaufenthalt ein. Unter Angabe einer falschen Adresse nahm er sich in Bahnhofsnähe im Hotel „Pelikan“ ein Zimmer. Dort wurde er am 21. Dezember 1936 von der Stuttgarter Gestapo verhaftet.
Am 8. März 1937 wurde er vom Volksgerichtshof in Berlin wegen der „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens unter erschwerenden Umständen“ zum Tode verurteilt. Hirschs Familie ging an die Öffentlichkeit, tschechoslowakische und amerikanische Zeitungen sowie die deutsche Exilpresse berichteten von dem Fall. Die Vereinigten Staaten gaben Hirsch die Staatsbürgerschaft zurück. Der amerikanische Botschafter, intervenierte zugunsten Hirschs persönlich bei Hitler, der das Gnadengesuch aber ablehnte. Hirsch wurde am 4. Juni 1937 in Berlin hingerichtet. Er war der erste von den Nationalsozialisten hingerichtete US-Bürger.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Otto Hirsch
- Geburtsdatum
- 09.01.1885
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Gähkopf 33, Stuttgart
- Schule
- Abitur
- Ausbildung/Beruf
- Jurist, Studium in Heidelberg
- Verhaftung
- 16.02.1941
- Details zur Verhaftung
- in Berlin
- Deportation
- 23.05.1941
- Details zur Deportation
- nach Mauthausen
- Todesdatum
- 19.06.1941
Dr. Otto Hirsch leitete als Rechtsrat in Stuttgart das Kriegsleistungswesen, was u.a. dazu führte das er im Ersten Weltkrieg für unabkömmlich erklärt und nicht zum Kriegsdienst eingezogen wird.
Nach der Novemberrevolution wurde er als Berichterstatter ins württembergische Innenministerium berufen. Von hier wurde er nach Weimar entsandt, um an Themen der Wasserstraßen der Weimarer Reichsverfassung mitzuwirken. Im Jahr 1921 wurde Hirsch jüngster Ministerialrat Württembergs und kurz darauf zum ersten Vorstandsmitglied der Neckar AG berufen.
Gemeinsam mit dem Fabrikanten Leopold Marx und dem Musikwissenschaftler Karl Adler gründete er das Stuttgarter Jüdische Lehrhaus. 1930 wurde Hirsch zum Präsidenten des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg gewählt.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 musste Hirsch seinen Posten bei der Neckar AG aufgeben. Als Präsident des Oberrats äußerte er seinen Protest gegen die Auswirkungen der Machtergreifung und organisierte jüdische Selbsthilfe.
Er gehörte zu den Gründern der Reichsvertretung der Deutschen Juden und wurde zu deren Vorsitzenden ernannt. In dieser Funktion siedelte Hirsch nach Berlin um.
1935 wurde Hirsch, der als einer der Hauptvertreter der deutschen Juden galt, erstmals von der Gestapo verhaftet.
Im Juli 1938 repräsentierte Hirsch die deutschen Juden auf einer von Franklin D. Roosevelt einberufenen Flüchtlingskonferenz in Frankreich. Hirsch setzte seine Proteste in Berlin fort. Kurz nach der Reichspogromnacht wurde er verhaftet und für zwei Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Nach seiner Freilassung konzentrierte sich seine Arbeit vor allem auf die Hilfe zur Auswanderung für Juden.
Im Juli 1939 wurde die Reichsvertretung der Deutschen Juden zwangsweise in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland überführt. Die Sicherheitspolizei ernannte Hirsch, Baeck und andere zum Vorstand. Die Arbeitsbedingungen wurden nach Ausbruch des Krieges immer schwieriger, trotzdem konnten bis Oktober 1941 zahlreiche Auswanderungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Am 16. Februar 1941 wurde Otto Hirsch ohne Angabe von Gründen in Berlin inhaftiert und am 23. Mai ins Konzentrationslager Mauthausen verbracht, wo er nach offiziellen Angaben am 19. Juni 1941 starb. Die genauen Umstände seines Todes bleiben unbekannt.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Anton Hummler
- Geburtsdatum
- 12.02.1908
- Geburtsort
- St. Gallen
- Wohnort
- Bebelstraße 43/ (ehemals Moltkestr.), Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Landarbeiter / Maschinenarbeiter / Maschineneinsteller
- Verurteilung
- 04.08.1944
- Details zur Verurteilung
- wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung zum Tode und lebenslangem Ehrverlust verurteilt
- Hinrichtung
- 25.09.1944
- Details zur Hinrichtung
- im Zuchthaus Brandenburg durch Enthauptung
Anton Hummler, Max Wagner und andere, die sich vor allem samstags bei Max Wagner zum Kartenspiel trafen, hörten zusammen, trotz des Verbots, ausländische Sender ab. Das Rundfundgerät gehörte Max Wagner. Die Nachrichten von Londoner, Moskauer und anderen Sendern wurden aufgeschrieben und weiter gegeben. Der Kreis um Anton Hummler und Max Wagner bestand aus rund 30 Personen.
Im Oktober 1942 wurde Anton Hummler zu den Trillkewerken in Hildesheim, einem Boschbetrieb, versetzt. Auch hier führte er Kollegen zusammen und gewann sie dafür, den russischen Zwangsarbeiterinnen im Werk Hilfe zukommen zu lassen.
1932 hatte Hummler bei einem sportlichen Wettkampf den Berliner Herbert Bogdan kennen gelernt. 1937 war der Kontakt fester geworden. Hummler und Bogdan, der Leiter einer Widerstandsgruppe in Berlin war, trafen sich regelmäßig in Stuttgart oder Berlin und tauschten Informationen aus. Bogdan regte einen engeren Zusammenschluss der alten Sportskollegen an.
Max Wagner und Emil Erath, der ebenfalls zur Gruppe gehörte, sowie Anton Hummler besuchten im Juni 1943 Herbert Bogdan in Berlin. Bogdan bat sie dabei den jüdischen Zahnarzt Dr. Walter Glaser in die Schweiz zu schmuggeln. Erath wollte dies übernehmen, da er entsprechende Kontakte habe. Glaser, der untergetaucht war, um der Deportation zu entkommen, kam im August 1943 mit falschem Pass nach Stuttgart und wohnte bei Max Wagner. Mit Erath fuhr er dann weiter, wurde aber aufgegriffen und nach Berlin überstellt. Im Oktober 1943 wählte er im Jüdischen Krankenhaus in Berlin den Freitod.
Von Glasers Schicksal wusste niemand in Stuttgart, denn Erath war ein Spitzel der Geheimen Staatspolizei. Anton Hummler und Max Wagner sowie alle, die Erath getroffen hatte, wurden Ende September 1943 verhaftet.
Am 4. August 1944, wenige Tage nach dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler, fand der nichtöffentliche Prozess gegen Hummler und Wagner vor dem Volksgerichtshof in Potsdam statt. Sie werden wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung zum Tode und lebenslangem Ehrverlust verurteilt.
Die Gnadengesuche der Ehefrauen und Kinder sowie von Verwandten wurden abgelehnt. Am 25. September 1944 erfuhren Max Wagner und Anton Hummler gegen 11 Uhr im Zuchthaus Brandenburg von der bevorstehenden Hinrichtung, die um 12.48 Uhr bzw. 12.50 Uhr stattfand. Die Kosten des Verfahrens hatten die Angeklagten zu tragen.
Im Dezember 1944 bekam seine Frau Frieda folgendes Schreiben: "Das Urteil des Volksgerichtshofes vom 4. August 1944 gegen Ihren Ehemann Anton Hummler ist am 25. September 1944 vollstreckt worden. Die Veröffentlichung einer Todesanzeige ist nicht zulässig."
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Arnulf Klett
- Geburtsdatum
- 08.04.1905
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Rechstwissenschaften/Anwalt/Politiker
- Todesdatum
- 14.08.1974
Im Alter von 18 Jahren und im Anschluss an seine Schulzeit im Realprogymnasium in Nürtingen und seinem Abitur am Dillmann-Realgymnasium in Stuttgart-West beginnt der gebürtige Stuttgarter, das einzige Kind des evangelischen Pfarrers Theodor und seiner Frau Marie, ein Jurastudium in Tübingen und München, das er bereits 1927 erfolgreich abschließen kann. Arnulf Klett promoviert ein Jahr später und begibt sich in die dreijährige Referendarzeit nach Herrenberg und Stuttgart, ehe er sich dort als Anwalt versucht.
Seine Kanzlei kann er in den zwölf Jahren der nationalsozialistischen Diktatur weiterhin betreiben und vertritt als Zivilverteidiger angeklagte deutsche Soldaten und Oppositionelle vor Kriegsgerichten in Minsk, Paris, Berlin und München, jedoch wird er aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber der von Hitler gleichgeschalteten Presse 1933 zwei Monate im KZ Heuberg inhaftiert. Darüber hinaus gehört Klett der Widerstandsgruppe um Rudolf Pechel an, mit der es ihm gelingt, die sinnlose Zerstörung wichtiger Unternehmen und zentraler Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen Stuttgarts zu verhindern, welche im Zuge der Taktik der verbrannten Erde auf Befehl Hitlers angesichts der sich nähernden militärischen Niederlage im Zweiten Weltkrieg erfolgen sollte.
Nachdem die Franzosen am 22. April 1945 Stuttgart endgültig erobern können, übertragen sie einen Tag später – auf Empfehlung des NSDAP-Oberbürgermeisters Karl Strölin – Klett das Amt, welcher seit November 1944 bei der Stadtverwaltung in der Feststellungsbehörde für Kriegsschäden notdienstverpflichtet ist. Am 08. Oktober bestätigt die nun amerikanische Besatzungsmacht den parteilosen Oberbürgermeister Klett in seinem Amt und dieser schafft es, bis zu seinem Tod 1974 insgesamt vier Mal von der Stuttgarter Bürgerschaft gewählt zu werden (1946, 1948, 1954 und 1966), wodurch er die Nachkriegsgeschichte Stuttgarts maßgeblich prägt.
Klett führt Stuttgart aus den Trümmern des verlorenen Krieges zur modernen Großstadt: Nachdem er sich gleich nach Kriegsende an die Trümmerbeseitigung macht und schon für diese Leistung von allen Seiten Anerkennung bekommt – Stuttgart war die erste vollständig trümmerfreie Großstadt Deutschlands –, macht er sich vor allem durch das Ankurbeln der Wirtschaft verdient, kümmert sich um Stuttgarts Versorgung mit Gas, Wasser und Elektrizität und lässt bauen. So entsteht 1958 der Stuttgarter Neckarhafen, große Teile des heutigen Stadtbahnnetzes und der Flughafen wird stark modernisiert und erweitert.
Auch um die Kultur seiner Stadt bemüht sich Arnulf Klett: Seiner Förderung ist es zu verdanken, dass das Stuttgarter Ballett, das Kammerorchester, die Philharmoniker und das Theater in eine internationale Spitzenklasse gehoben werden. Klett hat maßgeblichen Anteil am Bau der Liederhalle. Darüber hinaus ist die Städtepartnerschaft im Mai 1962 mit Straßburg und seinem französischen Amtskollegen Pierre Pfimlin eine seiner großen Leistungen, die die Aussöhnung der einstigen Kriegsgegner vorantreiben sollte.
Arnulf Klett engagiert sich auch als Vertreter dutzender Verbände und Institutionen, so stärkt er unter anderem die politische Rolle der Kommunen in der jungen Bundesrepublik als Präsident des Deutschen Städtetages und ist Mitbegründer und Vizepräsident der Internationalen Bürgermeister-Union. Er gründet seine Volksnähe auf der ihm ureigenen „Schaffer“-Mentalität und seinem schwäbischen Humor und publiziert Schriften zu Themen wie dem öffentlichen Personennahverkehr und der kommunalen Wirtschaft. Im Wahlkampf 1966 steht er allerdings in der Kritik – er verfüge über ein „absolutistisches Regime“ im Rathaus und auch die Abrissmaßnahmen zahlreicher Gebäude der Innenstadt in der direkten Nachkriegszeit, allen voran der Neubau weiter Teile des Rathauses, führen zu Protesten in der Bevölkerung.
Klett wird 1959 das Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen, danach wird er zum Ehrensenator der Technischen Hochschule (1963) und 1967 der Universität Stuttgart-Hohenheim ernannt. Im Jahr 1976 und im Zuge einer baulichen Umgestaltung des Bereichs vor dem Hauptbahnhof werden die unterirdische Passage und der Platz vor dem Bahnhof in Arnulf-Klett-Platz umbenannt. Er ist bis heute mit 29 Jahren der am längsten regierende Oberbürgermeister Stuttgarts.
Noch bevor Klett seine insgesamt fünfte Amtszeit mit der geplanten zweiten Stuttgarter Bundesgartenschau 1977 abschließen kann, stirbt er am 14. August 1974 an Herzversagen und einer Lungenembolie auf der Bühler Höhe. Arnulf Klett wird auf dem Waldfriedhof Stuttgart in der Abteilung 01a beigesetzt. Das Stuttgarter Amtsblatt betitelt seinen Nachruf mit: „Sein Herz schlug stets für Stuttgart“.
Margarete Klinckerfuß
- Geburtsdatum
- 18.10.1877
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Pianistin
- Todesdatum
- 31.01.1959
Margarete Klinckerfuß studierte von 1888 bis 1896 am Stuttgarter Konservatorium Klavier. Sie war ab ca. 1912 aktiv im Johanniterorden und als Krankenschwester im Ersten Weltkrieg engagiert.
Am 01. September 1937 sprach Reichsjugendführer Baldur von Schirach in Stuttgart in der Stadthalle vor 15.000 Zuschauern. Margarete Klinckerfuß unterbrach Schirachs Rede mit einem Zwischenruf. Sie wurde daraufhin verhaftet und zunächst ins Bürgerhospital, anschließend in die Anstalt Kennenburg bei Esslingen eingewiesen.
1940 wurde sie zunächst entlassen. Nach Ihrer Freilassung fiel sie, durch ihre Kritik an antijüdischen Maßnahmen und der Verbreitung von Predigten von Kardinal von Galen, die sich gegen das „Euthanasieprogramm“ der Nationalsozialisten stellten, auf. Erneut wurde Margarete Klinckerfuß verhaftet, von der Gestapo verhört und 1942 für „geisteskrank“ erklärt. Sie wurde in die Anstalt Eglfing/Haar bei München eingewiesen.
Lothar König
- Geburtsdatum
- 03.01.1906
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Firedrich-Eugen-Oberrealschule
- Ausbildung/Beruf
- Jesuitenpater
- Todesdatum
- 05.05.1946
- Details zum Tod
- in München
Max Krakauer
- Geburtsdatum
- 19.12.1888
- Geburtsort
- Hindenburg/Oberschlesien
- Ausbildung/Beruf
- Kaufmann/Leiter einer Filmverleih-Firma/Handlungsreisender
- Todesdatum
- 06.03.1965
Max Krakauer war als Soldat am 1. Weltkrieg, danach arbeitete er als Leiter einer Filmverleihfirma in Leipzig. Dort lernten sich Max Krakauer und Karoline geb. Rosenthal, genannt Ines, kennen. Sie heiraten 1919. Ein Jahr darauf wurde die Tochter Inge geboren.
Nach 1933 muss Max Krakauer als jüdischer Geschäftsmann seine Firma verkaufen. Er arbeitet zunächst als Handlungsreisender.
Im November 1938 während des Pogroms flieht er vorübergehend nach Berlin zu seiner Schwägerin Else Isaac und entgeht so einer Verhaftung. Krakauers ziehen 1939 ganz nach Berlin. Alle Auswanderungsversuche scheitern. Die einzige Tochter Inge kann 1939 als Hausmädchen nach England vermittelt werden.
Durch die Warnung einer Nachbarin, im Januar 1943, entgehen Krakauers, die zuvor Zwangsarbeit leisten müssen, knapp der Deportation.
Über einen Bekannten bekommen sie Hilfe, er bringt sie zu Pfarrer Wilhelm Jannasch, einem Mitglied der Bekennenden Kirche. Er rät ihnen, sich in Pommern zu verstecken und vermittelt den Kontakt zu dortigen Pfarrhäusern. Ab Sommer 1943 finden sich dort keine Verstecke mehr und so kehren sie zurück nach Berlin.
Von dort werden sie nach Stuttgart zu Pfarrer Kurt Müller, der zusammen mit anderen Pfarrern die württembergische Pfarrhauskette aufgebaut hat, vermittelt. Etwa 13 Verfolgte überlebten Dank dieser Hilfe.
Max und Ines Krakauer können immer nur kurz in einem der Quartiere bleiben, dadurch konnte das Risiko der Helfer so klein wie möglich gehalten werden. Als Bombenopfer aus Berlin getarnt wurden sie in an über 800 Tagen, z.T. auch getrennt voneinander, in 60 Quartieren untergebracht.
Am 21. April 1945 wurden Ines und Max Krakauer von der US-Armee in Stetten im Remstal befreit.
Robert Kress
- Geburtsdatum
- 28.04.1898
- Geburtsort
- Reutlingen
- Wohnort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Lehre als Mechaniker
- Todesdatum
- 15.10.1956
Robert Kress stammte aus einer schwäbischen Handwerkerfamilie. Bevor er im November 1940 als Schlosser und Mechaniker an der Materialprüfungsanstalt (MPA), Institut für Bauforschung seine Arbeit aufnahm, war er bei der Reichsbahn, bei Daimler-Benz, bei den Stuttgarter Gaswerken und bei der Maschinenfabrik Mailänder in Stuttgart-Bad Cannstatt beschäftigt gewesen. Kress gehörte bis 1933 der KPD an und war deshalb in der NS-Zeit in einer schwierigen Lage. In einem Schreiben der Technischen Hochschule von 1946 heißt es: „Wegen seiner politischen Einstellung hatte er früher wiederholt zu leiden und finanzielle Nachteile…“ Als Kress nun an der MPA, Institut für Bauforschung als Vorarbeiter der sowjetischen Zwangsarbeiter eingesetzt wurde, baute er ein freundschaftliches Verhältnis zu diesen Arbeitskollegen auf.
Im Jahr 1944 wurde er wegen kritischer Äußerungen am Arbeitsplatz mit einer Meldung bei der Gestapo bedroht. Kurz vor Kriegsende erhielt er eine Warnung und musste vor dem Zugriff der Gestapo untertauchen.
Nach dem Ende der NS-Herrschaft setzte sich Kress für eine konsequente Entnazifizierung der Technischen Hochschule ein. Wahrscheinlich war er Mitglied im sogenannten „Reinigungsausschuss“, der im Sommer 1945 alle Mitglieder der Hochschule in Hinblick auf ihre Unterstützung des NS-Regimes überprüfte. Robert Kress, der auch Mitglied des Betriebsrats der TH wurde, hatte eine wichtige Rolle in den späteren Spruchkammerverfahren, wo er zusammen mit dem ersten Nachkriegsdirektor Richard Grammel in vielen als Zeuge gehört wurde. Er scheute sich auch nicht, gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten Professor Otto Graf vorzugehen, was zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen beiden führte und ihm zudem den Vorwurf von dritter Seite einbrachte, zu den „hetzerischen, verlogenen kommunistischen Elemente(n)“ zu gehören, gegen die „ein Disziplinarverfahren oder Klage wegen Verleumdung“ anzustrengen sei. Nach der Rückkehr Grafs in die alte Leitungsposition wechselte Robert Kress daher seinen Arbeitsplatz vom Institut für Bauforschung zur Materialprüfungsanstalt – beide Institute waren zwischenzeitlich selbstständige Einrichtungen mit eigenen Direktoren geworden
Viktor Kunz
- Geburtsdatum
- 03.12.1885
- Geburtsort
- Marseille
- Ausbildung/Beruf
- Journalist und Rollladenmonteur
- Todesdatum
- 17.08.1943
- Details zum Tod
- Hinrichtung
Viktor ist ein uneheliches Kind. Sein Vater ist Georg Baron von Oertzen, Generalkonsul des Deutschen Reiches in Frankreich, seine Mutter angeblich eine deutsche Prinzessin.
Viktor wird von der Haushälterin des Barons, Hermine Kunz, großgezogen. Diese siedelt mit ihm 1888/1889 nach Heidelberg um.
Viktor hat sich bereits als Jugendlicher politisch engagiert, als Gewerkschaftsführer und bei der Sozialistischen Arbeiter-Jugend.
1910 heiratete er.
Im 1. Weltkrieg musste er gegen seinen Willen zum Militär. In dieser Zeit engagiert Kunz sich aktiv gegen die Machthabenden, bricht in Waffendepots ein und verschiebt die Waffen an streikende Arbeiter. In der Folge wird er vor ein Kriegsgericht gestellt, aus Mangel an Beweisen jedoch freigesprochen.
1922 geht er in die Pfalz – die zu dieser Zeit von französischen Truppen besetzt war.
In Ludwigshafen ist er als Organisator der Ludwigshafener Erwerbslosen einer der führenden Köpfe bei der am 12. November 1923 ausgerufenen Autonomen Pfalz, deren Geschichte am 17. Februar 1924 zu Ende ging.
Zusammen mit früheren separatistischen Milizionären gründete er am 29./30. März 1924 in Speyer die Rheinische Arbeiterpartei, die am 28. August 1924 wieder aufgelöst wurde.
Viktor Kunz setzt sich ins Elsass ab. In Frankreich verlieren sich seine Spuren zunächst. Da in Marseille geboren, gilt Viktor Kunz als französischer Staatsbürger.
Viktor wird ab 1933 von der Gestapo gesucht, er kämpft gemeinsam mit der Résistance gegen die Nazis. Er ist beteiligt an der Organisierung von Widerstandsgruppen und Sabotageakten gegen Einrichtungen der Nazis. Im Herbst 1942 plant er einen Sprengstoffanschlag auf ein Dienstgebäude der Gestapo in Mulhouse/Alsac. Der Plan fliegt auf. Viktor wird von der Gestapo verhaftet.
Georg Viktor Kunz wird von Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofes, in einem Schauprozess wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt und „für immer ehrlos“ erklärt.
Am 17. August 1943 wird Viktor Kunz in Stuttgart hingerichtet.
Sein Leichnam wird nach der Hinrichtung in das Anatomische Institut der Uni Tübingen gebracht und dort zu medizinischen Zwecken missbraucht.
Siehe auch: www.viktorskopf.de
Fritz Lamm
- Geburtsdatum
- 30.06.1911
- Geburtsort
- Stettin
- Schule
- Bismarck-Oberrealschule Stettin
- Todesdatum
- 15.03.1977
- Details zum Tod
- in Stuttgart
Fritz Lamm wurde als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Stettin geboren.
Ab 1930 arbeitete er als Volontär bei der sozialdemokratischen Zeitschrift Stettiner Volksbote und wurde Mitglied der SPD, der Sozialistischen Arbeiter-Jugend und der Naturfreunde. 1931 wurde er aus der SPD ausgeschlossen. Lamm war ein Gründungsmitglied (Oktober 1931) der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands.
Nach der Machtübernahme der Nazis war Lamm als Jude, Sozialist und Homosexueller besonders gefährdet. Bereits am 27. Februar 1933 wurde Fritz Lamm für fünf Tage in „Schutzhaft“ genommen. Am 3. Mai erfolgte eine erneute Verhaftung. Am 2. Januar 1934 wurde Lamm wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ – Herstellung und Verbreitung illegaler Schriften – zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Ende Oktober 1935 wurde er aus der Haft entlassen, trotz Polizeiaufsicht gelang ihm am 14. Januar 1936 die Flucht nach Stuttgart und von dort in die Schweiz. Lamm wurde von den Schweizer Behörden nach Österreich abgeschoben, von wo ihm die Flucht in die Tschechoslowakei gelang. 1938 ging er dann nach Paris und arbeitete dort bei der Sozialistischen Arbeiterpartei.
Am 1. September 1939 wurde er wieder verhaftet, nach sechs Wochen im Pariser Zentralgefängnis wurde er im Lager Vernet d'Aridge einsperrt. Nach einem fehlgeschlagenen Fluchtversuch im Oktober 1940 gelang ihm die Flucht im Dezember 1941 und Lamm tauchte in Marseille unter. Mit gefälschten Ausreisepapieren gelang ihm im März 1942 die Ausreise per Schiff über Casablanca nach Havanna.
Die Rückkehr nach Deutschland, nach Stuttgart, gelang ihm im November 1948. In Stuttgart arbeitete er als Angestellter bei der Stuttgarter Zeitung. Politisch aktiv war er als Betriebsratsvorsitzender, in der IG Druck und Papier und der SPD. 1963 wurde er erneut aus der SPD ausgeschlossen wegen linkssozialistischer Positionen.
Karl Lautenschlager
- Geburtsdatum
- 15.05.1868
- Geburtsort
- Stuttgart
- Wohnort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Staats- und Rechtswissenschaften/Politiker
- Todesdatum
- 06.12.1952
Als Sohn des gleichnamigen Rechtsanwalts und Landtagsabgeordneten wird Karl Lautenschlager 1868 in Stuttgart geboren. Das Studium der Staatswissenschaften in Tübingen und Rechtswissenschaften in Leipzig schließt er 1892 mit dem Ersten Staatsexamen ab, was ihm den Weg zu einer Beamtenlaufbahn ebnet: Zunächst ist Lautenschlager einige Jahre als Referendar der Stadtdirektion in Stuttgart, der Kreisregierung in Ludwigsburg und dem Schultheißenamt in Untertürkheim tätig, bevor er – unterbrochen durch einen längeren Studienaufenthalt in England – auch in den Oberämtern Brackenheims, Waldsees und Geislingens Arbeit findet. Karl Lautenschlager ist nun insgesamt 13 Jahre von 1897-1910 als Amtmann tätig, 1900/01 ein Jahr im Innenministerium und von diesem kurzweiligen Engagement abgesehen stets für die Stadtdirektion Stuttgart, wo er es 1909 auch zum Regierungsrat schafft. Gleichzeitig hält er von 1907-1910 Vorlesungen über Verwaltungsrecht am staatlichen Verwaltungskurs und engagiert sich ehrenamtlich als Mitbegründer und Stellvertretender Vorsitzender des Vereins der Württembergischen höheren Verwaltungsbeamten. Schließlich soll er im Sommer 1910 eigentlich die Leitung des Oberamtes der Stadt Heidenheim übernehmen, doch seine Expertise wird vom Innenministerium bei der Neuordnung der Stuttgarter Polizeiverwaltung benötigt.
Am 12. Mai 1911 wird Karl Lautenschlager dann mit knapper Mehrheit zum Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart gewählt und beerbt damit seinen Vorgänger Heinrich von Gauß, der wie Lautenschlager selbst der Württembergischen Demokratischen Volkspartei nahestand. In seiner Amtszeit, die sich nach seinen Widerwahlen 1921 und 1931 auf insgesamt 22 Jahre belaufen sollte, führt Lautenschlager Stuttgart durch die schwierigen Jahre des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise 1929 und ist damit außerdem an der Entwicklung der Stadt hin zur modernen Großstadt und dem Aufstieg zum wirtschaftlichen Zentrum Südwestdeutschlands maßgeblich beteiligt. Weiterhin heiratet er bereits im Jahr nach seiner Wahl die Stuttgarter Politikerin Emma Rustige, aus der Ehe gehen zwei Töchter hervor.
Lautenschlagers politisches Wirken konzentriert sich vor allen Dingen in zwei Bereichen: Zum einen stärkte er Stuttgarts Infrastruktur. Durch das sogenannte Donauprojekt – den Beitritt der Stadt zur Landeswasserversorgung von Niederstotzingen, der den Wassermangel Stuttgarts beendete –, durch den Bau des ersten Klärwerks, der Kläranlage Mühlhausen und den Bau des als modernsten Bahnhof des Deutschen Reichs gehandelten Stuttgarter Hauptbahnhofs zwischen 1914 und 1928 durch den Architekten Paul Bonatz. Darüber hinaus wird der Neckarkanal und wichtige Verkehrsachsen wie die heutige Nürnberger Straße in Bad Cannstatt und Heilbronner Straße im Norden Stuttgarts erbaut.
Zum anderen zentralen Punkt seiner Regierungszeit macht der Oberbürgermeister die Eingemeindungen von Obertürkheim, Hedelfingen, Kaltental und Botnang jeweils 1922 und von Hofen und Zuffenhausen 1931. Damit gelingt es Lautenschlager, Baufläche für Industrie und Wohnungsbau zu beschaffen und somit den Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg Stuttgarts zu legen.
Auf die Initiative Lautenschlagers geht ferner der Aufbau eines städtischen Wohlfahrts- und Fürsorgewesens zurück. So wird unter anderem 1927 das Untertürkheimer Inselbad zur Stärkung der Stuttgarter Badkultur errichtet, und ihm gelingt es, renommierte Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe, Walter Gropius und Le Corbusier zum Bau der Weißenhofsiedlung im Bauhaus-Stil zu gewinnen. Dies markierte auch architektonisch den Aufbruch in eine neue Zeit.
Wie viele andere Amtskollegen wird auch Karl Lautenschlager nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten aus seinem Amt gedrängt. Am 15. Mai 1933 wird der NSDAP-Funktionär Karl Strölin zu seinem Nachfolger bestimmt. Dieser hatte bereits seit März als sogenannter Staatskommissar die Geschäfte des Oberbürgermeisters im Sinne der Nationalsozialisten überwacht. „Ihr vornehmer Charakter, die Lauterkeit Ihrer Geschäftsführung und Ihr unverwüstlicher Glaube an die Zukunft unseres Volkes uns unserer Heimat“ hätten den Bürgermeistern der Stadt Stuttgart als Vorbild gedient, wie diese in ihrem Abschiedsschreiben an Lautenschlager betonten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs möchte Lautenschlager sich dann nicht erneut zur Wahl des Oberbürgermeisters aufstellen lassen – an seiner Stelle wird 1945 der parteilose Arnulf Klett gewählt.
Lautenschlager erhält zeitlebens zahlreiche Ehrungen: Ihm wird mitunter 1922 die Ehrendoktorwürde der TH Stuttgart verliehen, 1927 wird er zum Ehrensenator der Universität Tübingen ernannt. Außerdem erhält er für seine großen Verdienste für die Stadt Stuttgart 1945 den Ehrenbürgertitel seiner Stadt und heute führt die Lautenschlagerstraße von der kleinen Schalterhalle des Stuttgarter Hauptbahnhofs zur Stadtmitte.
Am 06. Dezember 1952 starb Karl Lautenschlager in Stuttgart. Er wurde auf dem Waldfriedhof Stuttgart beigesetzt; sein Grab befindet sich in der Abteilung 01a.
Käthe Loewenthal
- Geburtsdatum
- 27.03.1878
- Geburtsort
- Berlin
- Wohnort
- Ameisenbergstr. 32, Stuttgart
- Schule
- Abitur in Berlin
- Ausbildung/Beruf
- Kunststudium/Malerin
- Deportation
- 26.04.1942
- Details zur Deportation
- Izbica
Käthe Loewenthal wurde als Tochter des Mediziners und Hygienikers Wilhelm Loewenthal und seiner Frau in Berlin geboren. Die Familie lebte in der Schweiz, Argentinien und Berlin. In der Schweiz freundet sich Käthe, die aus einer jüdischen Familie stammt mit einer protestantischen Pfarrersfamilie an. Sie ließ sich taufen und konfirmieren.
Nach ihrer Rückkehr in Berlin besuchte sie dort die Höhere Schule. Von 1895 bis 1897 studierte sie bei Ferdinand Hodler. In Paris lernte sie den Maler Leo von König kennen, ihm folgte sie nach Berlin und studierte in der von ihm gegründeten Malschule. Im September 1890 nahm sie Unterricht in der von Hans Müller-Brauel, nach dem Muster von Worpswede gegründeten, Malschule Zeven bei dem Heidemaler Wilhelm Feldmann. Um 1904/05 arbeitete sie als freischaffende Künstlerin in München. 1909 zog sie nach Tübingen, dann nach Stuttgart, wo sie Mitglied im Württembergischen Malerinnenverein wurde.
1910 nahm sie ein akademisches Studium an der Königlich Württembergischen Kunstschule in Stuttgart auf. Neben Porträts entstanden Landschaftsbilder, die den Schwarzwald, die Schwäbische Alb, das Neckartal und den Taunus zum Gegenstand haben. Nach Studienabschluss 1914 bezog sie eine Atelierwohnung des Württembergischen Malerinnenvereins. Von 1914 bis 1934 arbeitete sie als freie Malerin und verdiente ihren Lebensunterhalt u.a. mit dem Malen von Porträts. Sie ist mit ihren Arbeiten auf verschiedenen Ausstellungen vertreten, u.a. auf der Stuttgarter Sezession und im Münchner Glaspalast. In dieser Zeit lebte sie vermutlich in einer Liebesbeziehung zu Erna Rabe, die 1938 verstarb.
Käthe Loewenthal erhielt 1934 als Jüdin Malverbot. Sie konnte an keinen Ausstellungen mehr teilnehmen und keine Bilder verkaufen. Ihr städtisches Atelier wurde gekündigt und sie selbst aus dem Württembergischen Malerinnenverein ausgeschlossen. Damit wurde ihre Existenz als freiberufliche Malerin abrupt beendet. Zwischen 1935 und 1941 unternahm sie noch Reisen in die Schweiz. Das Leben wurde für sie immer schwieriger, heimlich wurde sie von einigen Menschen unterstützt, u.a. von der Stuttgarter Künstlerfamilie Dondorf und ihrer ehemaligen Putzfrau Marie Nothdurft.
1941 wurde ihre Wohnung in Stuttgart gekündigt und sie musste in eine sogenannte Judenwohnung umziehen. Im Februar 1942 wurde Käthe Loewenthal in ein Sammellager, das ehemalige jüdische Altersheim in Weißenstein im Landkreis Göppingen, umgesiedelt. Von dort wurde sie in das besetzte Polen deportiert und im Durchgangslager Izbica bei Lublin ermordet.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart; DER LIEBE WEGEN
Gertrud Lutz
- Geburtsdatum
- 17.09.1910
- Geburtsort
- Reutlingen
- Wohnort
- Auf dem Haigst 6, Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Kaufmännische Ausbildung, Kontoristin
- Verhaftung
- 10.06.1944
- Hinrichtung
- 30.11.1944
- Haftstrafen
- 1932, Verfahren wurde 1933 eingestellt
- Herbst 1933; Urteil 2 Jahre und 4 Monate, Frauen-KZ Gotteszell
- nach Frauen-KZ Gotteszell ins im Frauen-KZ Moringen bis 1936
- September 1939; kurze Zeit
Gertrud Lutz war die Tochter von Gotthilf und Maria Schlotterbeck. Sie war Mitglied im Kommunistischen Jugendverband und trat 1931 in die KPD ein. Im Zuge der Verfolgung von Kommunisten durch die Nationalsozialisten wurde Gertrud Lutz 1932 erstmals verhaftet. Das Verfahren wurde 1933 eingestellt. Anschließend floh sie aus Stuttgart und arbeitete im kommunistischen Untergrund.
Im Herbst desselben Jahres wurde sie wegen des Verdachts der „Verbreitung kommunistischer Zersetzungsschriften“ erneut verhaftet und zu 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Sie kam in das Frauen-KZ Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd und wurde nach ihrer Haftstrafe als Schutzhäftling im Frauen-KZ Moringen festgehalten. Im Dezember 1936 wurde sie entlassen.
1938 heiratete sie Walter Lutz. Gertrud Lutz wurde zu Kriegsbeginn 1939 „vorbeugend inhaftiert“, kam jedoch kurze Zeit später wieder frei. 1942 brachte sie ihre Tochter Wilfriede Sonnhilde zur Welt. Walter Lutz fiel als Soldat 1942 in Russland. Er bekam seine Tochter nie zu sehen.
1944 zog Gertrud Lutz mit ihrer Tochter auf die Schwäbisch Alb um sich vor den Bomben auf Stuttgart zu schützen. Am 10. Juni wurde Gertrud zusammen mit ihrem Kind und ihren Eltern verhaftet. Später wurden weitere Mitglieder der Widerstandsgruppe und Freunde der Familie Schlotterbeck verhaftet. Einzig ihrem Bruder Friedrich Schlotterbeck gelang die Flucht. Gertrud Lutz wurde am 27. November 1944 zusammen mit neun weiteren Mitgliedern der Widerstandsgruppe Schlotterbeck nach Dachau verbracht und dort ohne Gerichtsverhandlung am 30. November 1944 ermordet.
Ihre 2-jährige Tochter Wilfriede kam in das NSV- Kinderheim nach Waiblingen. Nach dem Krieg lebte sie bei Frieder Schlotterbeck in der DDR, dem Bruder ihrer Mutter, bis der den Mächtigen der DDR zu unbequem war und unter fadenscheinigen Gründen inhaftiert wurde. Wilfriede kam nun in ein DDR-Kinderheim.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Rupert Mayer
- Geburtsdatum
- 23.01.1876
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Abitur
- Ausbildung/Beruf
- Studium Philosophie und Katholische Theologie
- Todesdatum
- 01.11.1945
In Stuttgart geboren, studiert Rupert Mayer bis 1899 in Fribourg (Schweiz), München, Tübingen und am Priesterseminar Rottenburg, wo er auch zum Priester geweiht wird.
Nach seiner Aufnahme in den Jesuiten-Orden verbringt er einige Jahre als Missionar in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und in der Schweiz. 1912 kommt er als Seelsorger nach München.
Im Ersten Weltkrieg, an dem er als Feld- und Divisionsgeistlicher teilnimmt, erleidet er eine schwere Verwundung, die zur Amputation eines Beines führt. Bereits in den frühen zwanziger Jahren setzt sich Mayer in München mit dem Nationalsozialismus auseinander. Die Münchener Gläubigen schätzen ihn vor allem als Helfer und Seelsorger im sozialen Elend der Großstadt.
Seit 1935 erhält der Jesuitenpater von den nationalsozialistischen Behörden Redeverbote, wird mehrmals wegen regimekritischer Predigten verhaftet und schließlich verurteilt. Nach seiner Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen im April 1940 soll Mayer mundtot gemacht werden. Er muss ein Predigtverbot hinnehmen und wird unter Hausarrest gestellt. Mayer darf bis zum Ende des Krieges das Kloster Ettal bei Garmisch nicht mehr verlassen und kehrt erst im Mai 1945 nach München zurück. Wenige Monate später stirbt er an den Folgen seiner Haft.
Text entnommen von Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Christian Mergenthaler
- Geburtsdatum
- 08.11.1884
- Geburtsort
- Waiblingen
- Eintritt NSDAP
- 1927
- Funktionen
- SA-Brigadeführer, SA-Gruppenführer, SA-Obergruppenführer.
- Haftstrafen
- Todesdatum
- 11.09.1980
Mergenthaler wurde als Sohn eines Bäckermeisters geboren.
Nach dem Besuch der Lateinschule in Waiblingen und der Realanstalt Cannstatt legte er 1902 seine Reifeprüfung ab. Danach studierte er von 1902 bis 1907 Physik und Mathematik. 1908 bis 1909 war er als Einjährig-Freiwilliger im Hohenzollerischen Fußartillerie-Regiment Nr. 13, in Ulm. Danach legte er 1910 seine Prüfung für das höhere Lehramt ab um ab 1911 als Oberreallehrer Latein- und Realschule in Leonberg zu unterrichten.
Im 1. Weltkrieg leistete er Frontdienst als Batterieführer und Oberleutnant der Reserve und wurde mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet. Als Oberreallehrer arbeitete er anschließend in der Schickhardt-Realschule in Stuttgart, ab 1920 als Professor am Gymnasium und Realgymnasium (Schwäbisch) Hall, ab 1929 bis 1933 war er Professor am Gymnasium und Realgymnasium Stuttgart-Bad Cannstatt.
Er gehört 1922 zu den Gründern der NSDAP Ortsgruppe Hall, deren Leiter er wurde. Von 1924 bis 1933 war er Abgeordneter der NSDAP im Württembergischen Landtag, 1924 auch kurz im Reichstag. Von 1932 bis 1933 war er Landtagspräsident, ab 1933 Württembergischer Kult- und Justizminister, ab Mai 1933 bis 1945 Ministerpräsident und Kultminister. Darüber hinaus war er 1934 SA-Brigadeführer, 1935 SA-Gruppenführer und 1938 SA-Obergruppenführer.
Als Minister griff Mergenthaler im Sinne der NS-Ideologie unerbittlich gegen missliebige Lehrkräfte und Schulleiter durch. Junge Lehrkräfte wurden unter Druck gesetzt, Mitglied in der NSDAP zu werden und sich dort aktiv zu betätigen.
Hitzige Streitigkeiten führte er mit den Kirchen in Württemberg. Er benutzte die Schulverwaltung systematisch als Mittel im „weltanschaulichen Kampf“. Er selbst trat 1941 aus der evangelischen Kirche aus. Die Lehrpläne des Religionsunterrichts wurden von ihm geändert und er verbot die Verwendung bestimmter Teile der Bibel, da sie dem „sittlichen Empfinden der germanischen Rasse“ entgegenwirken würden.
Die Staatsbeiträge an die Kirchen kürzte er. Pfarrern, die das Treuegelöbnis auf Hitler nicht ablegten, verbot er den Religionsunterricht und ordnete 1939 die Einführung des „Weltanschaulichen Unterrichts“ an Stelle des Religionsunterrichts an.
Von 1945 bis 1949 kam Mergenthaler in das Internierungslager Balingen. 1948 wurde er in seinem Spruchkammerverfahren als „Hauptschuldiger“ verurteilt, dagegen legte er Widerspruch ein.
Nach seiner Entlassung lebte er in Korntal-Münchingen und trat öffentlich nicht mehr auf. Ab 1951 gewährt ihm der Staatspräsident von Württemberg, Gebhard Müller eine Unterhaltsbeihilfe, ab 1953 erhält er auf dem Gnadenweg die Pension eines Studienrats.
1980 starb er in Bad Dürrheim. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in Stuttgart
Kurt Müller
- Geburtsdatum
- 03.03.1902
- Geburtsort
- Bremen
- Wohnort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Rechtsanwalt / Pfarrer
Der Rechtsanwalt Kurt Müller gehört seit 1930 einer Bremer Anwaltskanzlei an. Als SPD-Mitglied und NS-Gegner steht er bald unter Beobachtung der Gestapo. Im November 1935 wird er in „Schutzhaft“ genommen und kommt anschließend wegen des Verdachts „illegaler staatsfeindlicher Betätigung im marxistisch-kommunistischen Sinne" für drei Monate ins Gefängnis. Als Anwalt kann er nun nicht mehr arbeiten. Kurt Müller, der engen Kontakt zu einer Bekennenden Gemeinde in Bremen hat, entschließt sich zum Theologiestudium und geht 1938 nach Basel zu Karl Barth, einem Mitgründer der Bekennenden Kirche. Im Januar 1942 wird er in der Schweiz zum Pfarrer ordiniert. Nach Deutschland zurückgekehrt, übernimmt er noch im selben Jahr die Leitung der kleinen reformierten Gemeinde in Stuttgart-Degerloch.
Er wird Geschäftsführer der „Kirchlich-theologischen Sozietät", einer der Bekennenden Kirche nahe stehenden Arbeitsgemeinschaft in der evangelischen Landeskirche in Württemberg. Einige ihrer Vertreter folgen der Aufforderung Karl Barths, „so viel Juden wie möglich zu retten". Gemeinsam mit Berliner Freunden, vor allem Gertrud Staewen, beginnt Müller, Verfolgten zu helfen. Mit seiner Frau Elisabeth sowie anderen Helfern in der Gemeinde und in Württemberg steht Kurt Müller mehr als einem Dutzend Juden in der „Illegalität“ bei. So ist für Max und Ines Krakauer das Stuttgarter Pfarrhaus im August 1943 die erste Anlaufstelle auf ihrer Flucht nach Württemberg.
Als der untergetauchte jüdische Grafiker Cioma Schönhaus im September 1943 mit dem Fahrrad von Berlin nach Süddeutschland flieht und plötzlich unangemeldet vor Müllers Tür steht, erhält er ebenfalls ein Nachtlager, bis er zur Schweizer Grenze aufbricht.
Zusammen mit Vikar Heinz Welke aus Frankfurt organisiert Müller Mitte 1944 die Flucht der evangelisch getauften, „nichtarischen“ Margarete Knewitz nach Norddeutschland, wo sie mit Unterbrechungen fast fünf Monate bei Elisabeth Müllers Schwester Gertrud von Marschalck nahe Hamburg untertaucht. Ende 1944 kommt Knewitz, dank eines von Müller besorgten gefälschten Passes, wieder nach Stuttgart. Dort gelingt es Müller im Februar 1945, sie bei der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt anzumelden, damit sie Lebensmittelkarten erhält.
Gegen Ende des Krieges nehmen Kurt und Elisabeth Müller den Verleger Franz Mittelbach und dessen jüdische Frau Margarete aus Stuttgart auf und können sie „erfolgreich verbergen", wie Müller im August 1945 erleichtert seinem Lehrer Karl Barth schreibt. Auch nach dem Krieg ist Müllers Adresse unter „nichtarischen“ Christen bekannt, die von Theresienstadt nach Stuttgart zurückkehren und ihn um Hilfe bitten.
1946 wirkt Müller an einer Erklärung der Sozietät mit. Die Unterzeichner, während des Krieges an der Württemberger „Pfarrhauskette“ zur Rettung von Juden beteiligt, bekennen ihre „Schuld als Prediger und Glieder der Gemeinde Christi“. Die amerikanische Militärregierung ernennt Müller zum Lizenzträger beim Kohlhammer Verlag Stuttgart. Unter seiner Leitung wird etwa die Edition Rabbinischer Texte und der Schriften zur „Kenntnis des Judentums unter den Christen“ in Angriff genommen. Ende 1950 ins niedersächsische Kultusministerium der Regierung Kopf (SPD) berufen, wirkt Müller als Ministerialrat mit am Loccumer Vertrag (1955), dem ersten in der Bundesrepublik geschlossenen Vertrag zwischen Kirche und Staat.
In seinen letzten Lebensjahren predigt Müller öfter in der reformierten Gemeinde Hannover und ist in der Landeskirche bekannt als einer der schärfsten Gegner der atomaren Bewaffnung. Er starb am 22. Dezember 1958 in Hannover.
Text Gedenkstätte Stille Helden
Wilhelm Murr
- Geburtsdatum
- 16.12.1888
- Geburtsort
- Esslingen
- Schule
- Volksschule bis zur 7. Klasse
- Ausbildung/Beruf
- kaufmännische Ausbildung
- Funktionen
- SS-Obergruppenführer, Gauleiter der NSDAP in Württemberg-Hohenzollern, März bis Mai 1933 Staatspräsident und dann bis 1945 Reichsstatthalter in Württemberg
- Haftstrafen
- Todesdatum
- 14.05.1945
- Details zum Tod
- Suizid
Murr leistete von 1908 bis 1910 Militärdienst und arbeitete danach als kaufmännischer Angestellter in der Maschinenfabrik Esslingen. Er war Mitglied im Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband, einer rechtskonservativen und antisemitischen Angestelltengewerkschaft.
1923 trat er der NSDAP bei, nach der Aufhebung des Verbots im Jahr 1925 erneut. Im Februar 1928 wurde er zum Gauleiter der NSDAP in Württemberg-Hohenzollern ernannt. Bei der Reichstagswahl 1930 wurde Murr zum Reichstagsabgeordneten der NSDAP gewählt. Ab Anfang 1931 brachte er ein eigenes Propagandablatt heraus, den NS-Kurier, darin veröffentlichte er zahlreiche Leitartikel.
Am 15. März 1933 wurde er zum württembergischen Staatspräsidenten gewählt. Nach der Abschaffung des Amtes, wurde er am 6. Mai 1933 in die neu errichtete Position des Reichsstatthalters in Württemberg berufen.
1938 inszenierte er eine Kampagne gegen den Bischof von Rottenburg, Joannes Baptista Sproll, der sich nicht an der Volksabstimmung über die Angliederung Österreichs beteiligt hatte.
Zu Kriegsbeginn wurde Murr zum Reichsverteidigungskommissar ernannt, wichtige Bereiche des Militärs und der Zivilverwaltung unterstanden ihm nun direkt. Ohne Zustimmung Murrs konnte in Württemberg praktisch nichts mehr geschehen. Der Mord an den Juden konnte wegen seiner bedingungslosen Ausführung der Befehle von Führer und Partei reibungslos vonstattengehen.
Am 10. April 1945 rief er zur Verteidigung der Stadt bis zum Äußersten auf und verbot am 13. April unter Androhung von Strafen das Zerstören von Panzersperren und hissen von weißen Fahnen. Er floh am 19. April unter falschem Namen über verschiedene Orte bis nach Schröcken. Dort wurde er am Morgen des 13. Mai festgenommen, er gab sich als Walter Müller aus. Er wurde nach Egg gebracht, wo sich zuerst Murrs Frau und dann Murr selbst umbrachten. Beide wurden auf dem Friedhof von Egg beerdigt. Murr stand auf einer Liste potenzieller Kriegsverbrecher, schon bald schöpften Amerikaner und Franzosen den Verdacht, Murr könne tot sein, und nahmen zusammen mit der württembergischen Polizei Ermittlungen auf, die sie nach Egg führten. Am 16. April 1946 wurde das Grab von „Walter Müller“ und seiner Frau geöffnet. Sein früherer Zahnarzt konnte Murr eindeutig identifizieren.
Paul Mußgay
- Geburtsdatum
- 03.01.1892
- Geburtsort
- Ludwigsburg
- Wohnort
- Rotenbergstr. 27, Stuttgart Ost
- Schule
- Höhere Schule
- Ausbildung/Beruf
- Verwaltungsfachschule Stuttgart
- Eintritt NSDAP
- 01.05.1933
- Eintritt SS
- 01.04.1933
- Funktionen
- von Januar 1942 bis zum 20. April 1945 Leiter der Staatspolizeileitstelle Stuttgart (Hotel Silber)
- Details zur Verhaftung
- April oder Mai 1945
- Haftstrafen
- Todesdatum
- 03.09.1946
- Details zum Tod
- Suizid, Militärgefängnis Stuttgart
Bereits vor 1933 profilierte sich Mußgay in der Politischen Polizei der Abtl. II beim Polizeipräsidium im Kampf gegen Verfassungsfeinde von links. Am 1. Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP, im selben Jahr bereits Mitglied der SS. 1938 beteiligte er sich am Aufbau der Gestapo in Brünn (Brno). Am 2. Mai 1940 wurde Mußgay mit der Vertretung des Staatspolizeileitstellenleiters Boës beauftragt. Im Januar 1942 wurde er Leiter dieser Dienststelle, zeitgleich trat er aus der evangelischen Kirche aus.
Am 18. November 1941 befahl Mußgay, 1.000 Juden sich auf dem Messegelände Killesberg einzufinden. Die Juden wurden am 1. Dezember 1941 nach Riga deportiert.
Schon einen Monat später veranlasste er den zweiten Transport von Juden nach Izbica. Am 22. August 1942 organisierte er die Deportation von über 900 Juden in das Ghetto Theresienstadt. Danach ließ Mußgay nach Juden fahnden, die nach den Nürnberger Rassengesetzen in einer sogenannten Mischehe lebten.
Eines seiner letzten Verbrechen war der Auftrag zur Hinrichtung von Hermann Schlotterbeck, Gottlieb Aberle und Andreas Stadtler.
Im Januar 1946 wurde Mußgay von den Amerikanern verhaftet, einem Gerichtsverfahren entzog er sich am 3. September 1946 indem er sich erhängte.
Eugen Nesper
- Geburtsdatum
- 02.08.1913
- Geburtsort
- Aufhausen
- Schule
- Volksschule
- Ausbildung/Beruf
- Mechaniker Lehre
- Funktionen
- Doppelagent
- Haftstrafen
- Details zum Tod
- Tod nach 1949
Die Ereignisse um den Gestapo-Mitarbeiter Alfred Hagenlocher und die Kommunisten Eugen Nesper und Friedrich Schlotterbeck aus dem Jahr 1944 stehen exemplarisch für das agieren der Gestapo. Sie stehen aber auch für die Extremsituation, der sich Menschen mit dem Willen zum Widerstand ausgesetzt sahen.
Die Biografien von Eugen Nesper und Friedrich Schlotterbeck weisen erstaunliche Parallelen auf. Beide waren schon in ihrer Jugend aktive Kommunisten, beide wurden 1933 verhaftet und beiden machte die Gestapo das Angebot der Freiheit, wenn sie für diese arbeiteten.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 1944 sprangen südlich von Reutlingen zwei Deutsche mit Fallschirmen aus einem britischen Flugzeug. Einer der beiden, Eugen Nesper, war 1942 an der deutsch-sowjetischen Front zur Roten Armee übergelaufen, hatte dem sowjetischen Geheimdienst seine Dienste angeboten und war zum Agenten ausgebildet worden. Von Archangelsk war er nach London verschifft worden, um von dort aus mit einem Flugzeug nach Württemberg geflogen und abgesetzt zu werden. Da Württemberg für sowjetische Flugzeuge noch nicht erreichbar war, übernahmen die Briten diese Aufgabe. In Deutschland sollte Nesper Verbindungen knüpfen und mit einem Funkgerät Nachrichten an den sowjetischen Geheimdienst senden. Nesper riskierte sein Leben, um in Deutschland Widerstand gegen den Nationalsozialismus leisten zu können.
Als die Gestapo Nesper eine Woche später verhaftete, traten sich alte Bekannte gegenüber: Nesper war lange beim Kommunistischen Jugendverband Deutschlands in Schwäbisch Gmünd aktiv gewesen und 1933 nach einer Schlägerei mit SS-Leuten zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. 1935 hatte ihm Friedrich Mußgay, damals Chef der Nachrichtenabteilung der Politischen Polizei, mitgeteilt, dass er für Jahre in ein Konzentrationslager komme, wenn er nicht als Spitzel für die Politische Polizei, die spätere Gestapo, arbeite. Nesper hatte eingewilligt und bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht Informationen an die Gestapo geliefert.
Nach seiner Verhaftung 1944 begann unter der Leitung von Alfred Hagenlocher, der bei der Gestapo für die Gegnerabwehr zuständig war, ein so genanntes Funkspiel: Nesper setzte von der Gestapo fingierte Funksprüche an den sowjetischen Geheimdienst ab. Gleichzeitig sollte er Verbindung zu Kommunisten aufnehmen und die Gestapo über deren Widerstandstätigkeit informieren. So nahm Nesper Kontakt zu Familie Schlotterbeck auf, die ihn trotz anfänglichem Misstrauen bei seinem angeblichen Vorhaben unterstützte, eine neue Widerstandszelle aufzubauen.
Ende Mai 1944 gestand Nesper Friedrich Schlotterbeck, dass er für die Gestapo arbeitete. Schlotterbeck hatte bereits leidvolle Erfahrungen mit der Gestapo gemacht. 1933 war er zu drei Jahren Zuchthaus verurteil und anschließend in „Schutzhaft“ genommen worden. 1943 hatte ihn die Gestapo aus dem Lager Welzheim unter der Bedingung entlassen, Informationen über den kommunistischen Widerstand zu liefern. Nach dem Krieg sagten ehemalige Gestapo-Mitarbeiter übereinstimmend aus, dass es Schlotterbeck gelungen war, die Gestapo mit falschen oder belanglosen Hinweisen abzuspeisen.
Als die Familie Schlotterbeck und ihre Freunde von der wahren Rolle Nespers erfuhren, entschieden sie sich zur Flucht in die Schweiz. Doch lediglich Friedrich entkam. Die Gestapo verhaftete seine Eltern, seinen Bruder, seine Schwester, seine Verlobte und weitere Mitglieder der Gruppe. Am 30. November 1944 wurden sie von der Gestapo hingerichtet. Hermann Schlotterbeck wurde noch am 19. April 1945 von der Gestapo ermordet.
Auch Eugen Nesper entschied sich, zu fliehen. Er entkam in die Schweiz. Auf der Flucht erschoss er einen deutschen Grenzbeamten. Nach dem Ende des Kriegs lieferte ihn die Schweiz aus. Die Spruchkammer stufte ihn als Hauptschuldigen ein.
Friedrich Schlotterbeck veröffentlichte 1945 zwei Broschüren mit seinen Erinnerungen („...wegen Vorbereitung zum Hochverrat hingerichtet" und „Je dunkler die Nacht, desto heller leuchten die Sterne"). Er engagierte sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und beim Roten Kreuz.
Alfred Hagenlocher, der als verantwortlicher Sachbearbeiter für den Fall Nesper/Schlotterbeck im Januar 1945 die Hinrichtungen an das Stuttgarter Standesamt gemeldet hatte, wurde von der Spruchkammer zunächst als Hauptschuldiger eingestuft. In mehreren Berufungsverfahren erreichte er 1951 die Einstellung des Verfahrens. Damit galt er als vom Entnazifizierungsgesetz nicht betroffen.
Text entnommen vom Virtuellen Geschichtsort Hotel Silber vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Franz Reinhardt
- Geburtsdatum
- 09.04.1903
- Geburtsort
- Merklingen
Anton Rothmund
- Geburtsdatum
- 04.05.1908
- Geburtsort
- Riedlingen
- Schule
- Volksschule / Realgymnasium
- Ausbildung/Beruf
- Notariatslehre
- Eintritt NSDAP
- 1930
- Eintritt SS
- November 1935
- Funktionen
- Ab 1934 Politische Polizei Stuttgart, Abteilung Spionageabwehr, mit Leitungsfunktion ab 1940
- Haftstrafen
- Mai 1945, Freilassung 1946, August 1946
Anton Rothmund leitete ab 1940 die Spionageabwehr, eine der größten Abteilungen der Gestapo. Dabei war er anfangs alles andere als ein Fachmann gewesen. Nach einer Notariatslehre hatte er bis 1932 als Gehilfe beim Amtsgericht Riedlingen und beim Bezirksnotariat gearbeitet. Ab Herbst 1933 war er hauptamtlich für die HJ tätig gewesen, bevor er sich im November 1934 direkt bei der Spionageabteilung, der Politischen Polizei in Stuttgart bewarb und eingestellt wurde.
Seinen Aufstieg an die Spitze des Referats verdankte er sicher zum einen seinem Status als „Alter Kämpfer“, war er doch bereits im Dezember 1930 in die NSDAP eingetreten. Zum anderen hatte er seine Möglichkeiten genutzt, als Hermann Herold als Chef der Spionageabwehr 1936 bei den Vorgesetzten in Ungnade gefallen und dessen Nachfolger 1940 zum „auswärtigen Einsatz“ kommandiert wurde.
Rothmund leitete die Spionageabwehr in Stuttgart bis Mai 1944, als er zur Dienststelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD in Radom abgeordnet wurde. Noch vor Kriegsende kehrte er nach Stuttgart zurück, wo er von Franzosen verhaftet wurde.
Im Juni 1946 wurde er entlassen. Doch nur zwei Monate später verhafteten ihn die Amerikaner erneut. Diese schickten ihn jedoch nicht in ein Internierungslager, sondern hielten ihn im Gefängnis in der Weimarstraße in Stuttgart fest. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass der amerikanische militärische Geheimdienst CIC (Counter Intelligence Corps) Rothmund nicht als gewöhnlichen Gestapo-Beamten betrachtete. Nach seiner Entlassung, die wohl 1947 erfolgte, ließ er sich in seiner Geburtsstadt nieder. In einem Spruchkammerverfahren wurde er als Mitläufer eingestuft.
Text entnommen vom Virtuellen Geschichtsort Hotel Silber vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
- Geburtsdatum
- 15.11.1907
- Geburtsort
- Jettingen
- Wohnort
- zeitweise Stuttgart, Altes Schloß
- Schule
- Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- militärische Ausbildung
- Todesdatum
- 20.07.1944
- Details zum Tod
- Erschießung
Claus Schenk Graf von Stauffenberg wird als dritter Sohn des Oberhofmarschalls Alfred Stauffenberg und dessen Ehefrau Caroline geboren und im katholischen Glauben erzogen.
Er war Schüler des Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums. 1926 legte er sein Abitur als externer Kandidat ab und trat danach in die Reichswehr ein. Seine Ausbildung fand 1927/1928 an der Infanterieschule in Dresden statt.
1932 spricht sich Stauffenberg, anlässlich der Reichspräsidentenwahl, gegen Paul von Hindenburg zugunsten von Adolf Hitler aus. 1933 wird er zum Leutnant ernannt, er ist an der militärischen Ausbildung von Mitgliedern der SA beteiligt und organisiert die Übergabe illegaler Waffendepots an die Reichswehr. Während des Einmarsches in die sudetendeutschen Gebiete 1938, beim deutschen Überfall auf Polen 1939 und beim Feldzug gegen Frankreich 1940 ist er als Generalstabsoffizier bei einer motorisierten Division für den Nachschub verantwortlich und wird im selben Jahr in die Organisationsabteilung des Oberkommandos des Heeres berufen.
1942 schließt Stauffenberg sich dem militärischen Widerstand an. Gemeinsam mit seinem Bruder Berthold und mit Mitgliedern des Kreisauer Kreises ist er an den Entwürfen zu Regierungserklärungen für die Zeit nach dem Umsturz beteiligt. Die Verschwörer legen sich auf die Wiederherstellung der vor 1933 in der Verfassung garantierten Freiheiten und Rechte fest, lehnen jedoch die Wiederherstellung der parlamentarischen Demokratie ab.
1943 wurde Stauffenberg zur 10. Panzerdivision versetzt, die den Rückzug General Erwin Rommels in Afrika decken sollte. Durch einen Tieffliegerangriff verliert er ein Auge, die rechte Hand und zwei Finger der linken Hand. Nach seiner Genesung in Deutschland erarbeitet Stauffenberg gemeinsam mit anderen Generälen den Operationsplan "Walküre". Im Oktober wird Stauffenberg zum Stabschef des Allgemeinen Heeresamts ernannt, wodurch er Zugang zu den Lagebesprechungen in den Führerhauptquartieren erhält. Er koordinierte Attentatspläne und hielt Verbindung zum zivilen Widerstand. Im Juni 1944 wird Stauffenberg zum Stabschef des Befehlshabers des Ersatzheers ernannt.
Am 20. Juli 1944 gelingt es ihm, ein Sprengstoffpaket in das scharf bewachte „Führerhauptquartier Wolfschanze“ einzuschleusen und um 12:42 Uhr zu zünden.
Er kehrt, in der Überzeugung Hitler getötet zu haben, nach Berlin zurück und treibt dort energisch den Umsturzversuch voran, dessen Scheitern er jedoch nicht verhindern kann. Stauffenberg wird um ca. 22:30 Uhr im Bendlerblock verhaftet und noch in derselben Nacht standrechtlich erschossen.
Stauffenbergs schwangere Frau (Eheschließung 1933) wurde zuerst in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, aber Aufgrund der anstehenden Geburt kam sie in das NS-Entbindungsheim nach Frankfurt/Oder, wo sie das fünfte Kind der Familie zur Welt brachte. Die Kinder kamen bis zum Ende des Krieges in ein Kinderheim und erhielten andere Nachnamen.
Erwin Schoettle
- Geburtsdatum
- 18.10.1899
- Geburtsort
- Leonberg
- Schule
- Volksschule Leonberg/ Latein- und Realschule Leonberg
- Ausbildung/Beruf
- Schriftsetzer/Politiker/Journalist
- Todesdatum
- 25.01.1976
Erwin Schoettle wurde als Sohn eines Fabrikarbeiters in Leonberg, in der Nähe von Stuttgart geboren. 1914 begann Schoettle eine Lehre als Schriftsetzer. Im Sommer 1917 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen.
Nach dem 1. Weltkrieg, 1919 schloss sich Schoettle der SPD an und wurde Mitglied in der Sozialistischen Arbeiterjugend.
Ab 1921 arbeitete er als Verlagssekretär bei der sozialdemokratischen Schwäbischen Tagwacht, 1928 wechselte er zur Esslinger Volkszeitung. 1925 wurde er Landesvorsitzender der Sozialistischen Arbeiterjugend, 1927 wurde er in den Landesvorstand der SPD berufen. Ab September 1931 stand er neben Kurt Schumacher an zentraler Stelle in den Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten. Er organisierte Großkundgebungen und den Wahlkampf 1932. 1933 gehörte Schoettle zu den besonders gefährdeten Personen, er ging zunächst in die Illegalität und flüchtete dann am 17. Mai 1933 in die Schweiz.
Von dort aus nahm er Kontakt zum Exil-Parteivorstand der SPD in Prag auf, auf deren Vorschlag hin baute Schoettle ein Netz illegaler Kontakte für die Parteiarbeit in Württemberg auf.
Kurz vor Kriegsausbruch emigrierte Schoettle mit seiner Familie nach Großbritannien. In London leitete er das Auslandsbüro von Neu Beginnen (eine marxistische Organisation des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus) und arbeitete als Redakteur bei BBC.
Im Sommer 1946 konnte er nach Deutschland zurückkehren. Dort nahm er seine Arbeit als Politiker und Journalist wieder auf und wurde nicht nur Mitbegründer der „Stuttgarter Nachrichten“, sondern auch Kreisvorsitzender der SPD in Stuttgart und Landtagsabgeordneter von Baden-Württemberg. Er wurde als Ehrenbürger von Stuttgart ausgezeichnet und nach ihm wurde ein Platz in Stuttgart benannt.
Kurt Schumacher
- Geburtsdatum
- 13.09.1895
- Geburtsort
- Clum/Westpreußen/Polen
- Ausbildung/Beruf
- Kriegsfreiwilliger/Rechts- u. Staatswissenschaft/Journalist/Politiker
- Todesdatum
- 20.08.1952
Kurt Schumacher wird als viertes Kind und einziger Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren.
Nach Kriegsbeginn 1914 legt er das Notabitur ab, um sich als Kriegsfreiwilliger zu melden. Schwer verwundet muss er nach kurzem Fronteinsatz Anfang Dezember den Kriegsdienst beenden. Ihm muss ein Arm amputiert werden.
1915 beginnt Schumacher sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Halle, Leipzig und Berlin. Nach vier Jahren schließt er 1919 dieses ab und beginnt als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Reichsarbeitsministerium.
Während seines Studiums, entschließt er sich 1918 zum Eintritt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) sowie in den ihr nahestehemden „Reichsbund der Kriegsbeschädigten“ und wird Mitglied des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates.
1920 wird Kurt Schumacher politischer Redakteur der sozialdemokratischen Zeitung „Schwäbische Tagwacht“ in Stuttgart. In Folge der Überleitung der Organisation „Schwabenland“ in das neu gegründete Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold im Jahr 1924 wird er Vorsitzender jenen Reichsbanners im Ortsverein Stuttgart. Kurz darauf zieht er für insgesamt sieben Jahre als Abgeordneter der SPD in den Württembergischen Landtag ein und ist ab 1928 Mitglied des Fraktionsvorstandes und Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Stuttgart.
Noch während seiner Zeit als Minister sucht er 1926 vergeblich nach einem Doktorvater an der Berliner Universität und promoviert schließlich in Münster mit dem Thema „Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie“.
1930 zieht Schumacher als einer der jüngsten Abgeordneten der SPD-Fraktion in den Deutschen Reichstag ein. Er zeichnet sich gegenüber der Regierung Brüning als entschiedener Gegner der „Tolerierungspolitik“ aus, die die SPD-Parteileitung in der Opposition eingeschlagen hat. Im August 1932 wird er Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands im Deutschen Reichstag.
Reichstag: in einer ungewöhnlich scharfen Auseinandersetzung mit der gestärkten NSDAP in einer Rede, Februar 1932, erregt Schumacher starkes Aufsehen und bringt sich langsam aber sicher auf den Radar der Nationalsozialisten.
Der Machtübernahme der NSDAP im Frühjahr 1933 folgt das Verbot der SPD und die Verhaftung zahlreicher Mitglieder. Darunter auch Kurt Schumacher. Er wird noch in der Nachkriegszeit für seine strikte Ablehnung des NS-Regimes bekannt bleiben.
Zehn lange Jahre ist Schumacher Häftling in den Konzentrationslagern Heuberg, Kuhberg, Dachau und Flossenbürg. Auch sucht er keinen Kontakt zu Kommunisten, da er die KPD für die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten mitverantwortlich macht. Geschwächt durch Folterung und die Bedingungen in den Konzentrationslagern, erzwingt er durch einen Hungerstreik von der Arbeit im Steinbruch freigestellt zu werden.
Am 16. März 1943 wird der schwerkranke Kurt Schumacher aus dem KZ entlassen. Zugewiesen wird ihm Hannover, eine Stadt in der er kaum als SPD-Politiker der Weimarer Zeit bekannt ist.
Nach dem Attentat vom 20. Juli steht ihm die erneute Inhaftierung und Einweisung in das KZ Neuengamme bevor. Doch er wird kurze Zeit später unter fehlenden Beweisen wieder entlassen.
Unmittelbar nach Kriegsende 1945 und der Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen beginnt Schumacher mit dem stetigen Wiederaufbau der SPD. Im Mai ist sein Büro inoffizielle SPD-Parteizentrale, trotz generellem Parteiverbot in der britischen Besatzungszone. Noch im Oktober selbigen Jahres wird Kurt Schumacher von den Sozialdemokraten zum politischen Beauftragten für die westlichen Besatzungszonen gewählt.
In den folgenden Monaten der Frage des Zusammenschlusses von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zeigt sich Schumacher erneut als vehementer Gegner. Den Vorwurf an die KPD, dem NS-Regime den Weg geebnet zu haben, hat er nicht aufgegeben. Er wird auch weiterhin jegliche Zusammenarbeit mit der KPD in den Westzonen und der SED in der sowjetischen Besatzungszone ablehnen. Jedoch öffnet er die SPD für unterschiedliche, demokratisch linkseingestellte Gruppierungen.
Nach langem Wirken in der SPD wird Kurt Schumacher am 10. Mai 1946 zum ersten SPD-Parteivorsitzenden der Nachkriegszeit gewählt und bis zu seinem Tod immer wieder in diesem Amt bestätigt.
Mit der Niederlage der SPD bei den Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag 1949, wird Schumacher Oppositionsführer, erbitterter Gegner der Politik Konrad Adenauers und dessen sozialdemokratischer Gegenspieler. So setz er sich gegen die Wiederbewaffnung und die Westintegration Adenauers ein, im Sinne der Deutschen Einheit.
Am 20. August 1952 stirbt Kurt Schumacher im Alter von 56 Jahren in Bonn.
Eugen Stähle
- Geburtsdatum
- 17.11.1890
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Elementarschule und Realgymnasium Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Medizinstudium in Tübingen und Berlin
- Eintritt NSDAP
- 1923
- Funktionen
- Obermedizinalrat und Ministerialrat im Württembergischen Innenministerium Abteilung Gesundheitswesen
- Haftstrafen
- Todesdatum
- 13.11.1948
Stähle erhielt 1914 seine medizinische Zulassung und promovierte noch im selben Jahr. Als freiwilliger Regimentsarzt beteiligte er sich anschließend am Ersten Weltkrieg. 1923 trat Stähle in die NSDAP ein. Er galt als ein überzeugter Nationalsozialist und war u.a. Verfechter des Sozialdarwinismus sowie der Sterilisation von Erbkranken. Stähle wollte von Tübingen aus Sterilisierungen für ganz Baden Württemberg im Sinne der Erbgesundheit des deutschen Volkes durchführen.
Als Ortsgruppenleiter der ehemaligen NS-Hochburg Nagold machte er sich einen Namen und saß 1933 kurze Zeit für die NSDAP im Reichstag. Noch im selben Jahr wurde Stähle zum Ministerialrat und Leiter des Gesundheitswesens im Württembergischen Innenministerium, ein Jahr später zum Gauamtsleiter für Volksgesundheit in Württemberg ernannt.
In seiner Funktion als Ministerialrat war Stähle über die „Aktion T4“ informiert und maßgeblich an der Wahl des Ortes der ersten Vernichtungsanstalt beteiligt. Er selbst leitete die Beschlagnahmung von Grafeneck im Jahre 1939 ein und ordnete die Verlegung von Kranken aus ihren Anstalten an. Seiner Aussage vom 26.05.1945 bei der Vernehmung vor der Polizei in Stuttgart entsprechend, gab er an, bei der Vergasung von 15 Menschen anwesend gewesen zu sein.
Von Januar bis Dezember 1940 wurden in Grafeneck über 10.600 Menschen ermordet. Die Opfer stammten aus Krankenanstalten und Heimen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Gustav Stange
- Geburtsdatum
- 24.10.1903
- Geburtsort
- Oppenweiler
- Wohnort
- Münchingerstrasse 5, Stuttgart-Stammheim
- Ausbildung/Beruf
- Schuhmacher
- Verurteilung
- 20.02.1942
- Hinrichtung
- 20.02.1942
- Details zur Hinrichtung
- durch Erschießen
Der 39-jährige Gustav Stange wurde am 20. Februar 1942 von einem Stuttgarter Kriegsgericht wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt und am gleichen Tag auf dem Schießplatz Dornhalde erschossen.
Gustav Stange war Teil der Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas. Die Zeugen Jehovas verweigerten den Hitlergruss und den Militärdienst.
Karl Strölin
- Geburtsdatum
- 21.10.1890
- Geburtsort
- Berlin
- Wohnort
- Stuttgart
- Schule
- 1900-1902 Karlsgymnasium Stuttgart und Louisen-Gymnasium Berlin
- Ausbildung/Beruf
- 1902-1909 Kadettenanstalten in Potsdam, Karlsruhe und Großlichterfelde 1909 Leutnant 1914-1918 Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919-1920 Dienst in der Reichswehr (Hauptmann) 1920-1923 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Wien und Gießen
- Eintritt NSDAP
- 1931
- Funktionen
- Fraktionsvorsitzender die NSDAP im Gemeinderat Stuttgart, Staatskommissar für Stuttgart, Oberbürgermeister stuttgart
- Haftstrafen
- Er verbrachte drei Jahre in Gefängnissen und Internierungslagern und kam im Mai 1948 auf freien Fuß.
- Todesdatum
- 21.01.1963
Dr. Karl Strölin trat 1924 in den Dienst der Stadt Stuttgart. Er knüpfte bereits 1923 erste Kontakte zu der nationalsozialistischen Bewegung, offizielles Mitglied der NSDAP wurde er Anfang 1931. Ab Ende 1931 vertrat er als Fraktionsvorsitzender die NSDAP im Gemeinderat.
Am 16. März 1933 wurde er zum Staatskommissar für Stuttgart berufen, und am 1. Juli 1933 zum Oberbürgermeister ernannt.
Paul Sauer (Aus: Baden-Württembergische Biographien 2, 449-450) „Strölin war, daran kann es gar keinen Zweifel geben, Nationalsozialist, Exponent des NS-Regimes in Stuttgart. Ihn zeichneten aber auch persönliche Integrität, ein ausgeprägter Sinn für Recht und Gerechtigkeit sowie ein hohes Maß an Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein aus. Unbestritten ist ferner, daß er in den zwölf Jahren, in denen er an der Spitze der Stadtverwaltung stand, viel für die Stadt Stuttgart und für ihre Bürger getan hat. Auch gewann er als Kommunalpolitiker schon bald über die Grenzen Deutschlands hinaus hohes Ansehen. 1937 wurde er in Paris von Vertretern von 40 Staaten zum Präsidenten des Internationalen Verbandes für Wohnungswesen und Städtebau gewählt.
Obwohl er einer der obersten Repräsentanten des Hitler-Regimes in der württembergischen Landeshauptstadt war, hatte er bereits in der Anfangsphase des Zweiten Weltkriegs Verbindung zu der Widerstandsbewegung um den früheren Leipziger Oberbürgermeister Dr. Carl Goerdeler und leistete ihr wertvolle Dienste. Dass er aber nach dem misslungenen Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 im Amt blieb und sich nach außen hin weiterhin als kämpferischer, zum Durchhalten entschlossener Nationalsozialist gab, hat ihm den Vorwurf des Opportunismus eingetragen. Man warf ihm vor, sein Gesinnungswandel sei erst erfolgt, als sich nach den ersten schweren Niederlagen abzeichnete, dass das Deutsche Reich den von Hitler frevelhaft entfesselten Krieg verlor.
Strölin hat immer wieder beteuert, er sei kein Opportunist und erst recht kein willfähriges Werkzeug des Regimes gewesen, er habe vielmehr frühzeitig erkannt, dass Hitler das deutsche Volk mit sich ins Verderben riss, auch dass das Dritte Reich nicht den von ihm angestrebten Sozialismus, unter Respektierung des Lebensrechts anderer Völker, verwirklichte, sondern dass der Nationalsozialismus eine Gewaltherrschaft übelster Art in Deutschland aufgerichtet hatte, dass Hitler Recht und Menschenwürde mit Füßen trat und dass er zum Eroberungskrieg drängte. Er habe deshalb schon bald Konsequenzen gezogen und im Rahmen seiner Möglichkeiten alles getan, nicht nur um Gewalt und Unrecht zu mildern, sondern um auch gegen das Regime selbst Front zu machen. Viele Zeitgenossen haben ihm dies attestiert. Indes blieb er, weil er die Gewaltherrschaft überlebte und in den Strudel der Entnazifizierung geriet, über seinen Tod am 21. Januar 1963 hinaus im Zwielicht.
Erst vor wenigen Jahren wurden die Entnazifizierungsakten für die wissenschaftliche Benützung freigegeben. Sie ergaben im Fall des Stuttgarter NS-Oberbürgermeisters ein überraschend klares Bild. Die hier vorliegenden unanfechtbaren Dokumente und Zeugenaussagen lassen keinen Zweifel, dass sich Strölin schon vor dem Krieg vom NS-Regime distanzierte und dass er seit 1938 für eine Beseitigung der NS-Herrschaft eintrat, nachdem ihm, dem Kriegsgegner und überzeugten Europäer, deutlich geworden war, dass Hitler auf den bewaffneten Konflikt zusteuerte. Dem Widerstandskreis um Goerdeler gehörte er mindestens seit 1940 an, und er hat sich mit dessen Zielen identifiziert. Er hat einer großen Zahl von Verfolgten geholfen, mehr als 20 hat er vor der Vollstreckung der bereits über sie verhängten Todesurteile bewahrt, gegenüber der Partei hat er sich exponiert, hat sich offen und unmissverständlich gegen die Judenverfolgung und gegen die Bedrückung der Kirchen ausgesprochen. Er hat in den letzten Kriegsmonaten die Zerstörungsbefehle mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sabotiert und dabei bewusst sein Leben aufs Spiel gesetzt.
Schon zu Beginn des Krieges wollte er von seinem Amt zurücktreten, weil er die Politik des Regimes nicht länger mittragen konnte. Männer wie Carl Goerdeler, sein Amtsvorgänger Carl Lautenschlager und der frühere Polizeipräsident Paul Hahn beschworen ihn jedoch, an seinem Platz zu verbleiben. Nur so könne er im Sinne seiner Überzeugung für Stuttgart und seine Bürger Gutes wirken und andererseits verhindern, dass die Stadt einem willfährigen Vertreter des Regimes ausgeliefert werde.
Im Frühjahr 1945, als sich französische und amerikanische Truppen Stuttgart näherten, harrte Strölin auf seinem Posten aus. Am Morgen des 22. April 1945 übergab er im Gasthof zum Ritter in Degerloch die Stadt Stuttgart den Franzosen. Wenige Tage später nahm ihn die amerikanische Militärpolizei in „automatischen Arrest“. Er verbrachte drei Jahre in Gefängnissen und Internierungslagern und kam erst wieder im Mai 1948 auf freien Fuß. Das Urteil der Spruchkammer I Stuttgart vom 7. Oktober 1948, die ihn in die Gruppe der Minderbelasteten einstufte, bedeutete für einen Mann seiner Stellung eine weitgehende Entlastung. Freilich, dieses Urteil war in der Öffentlichkeit umstritten, ebenso die Entscheidung im Nachverfahren, Strölin sogar den Status eines Mitläufers zuzuerkennen, weil wesentliche Dokumente und Zeugenaussagen vom Gericht unter Verschluss blieben. Erst heute können wir bestätigen, dass die Spruchkammer das Verhalten Strölins in der Zeit des NS-Regimes gewissenhaft bewertet und ausgewogen beurteilt hat.“
Gerda Taro
- Geburtsdatum
- 01.08.1910
- Geburtsort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Fotografin
- Todesdatum
- 26.07.1937
- Details zum Tod
- in El Escorial / Spanien
Gerta Pohorylle wurde 1910 in Stuttgart geboren. 1929 ging sie mit der Familie nach Leipzig.
Im März 1933 wurde sie in Leipzig verhaftet, wegen der Beteiligung an Flugblattaktionen gegen die Nazis, wurde jedoch nach 14 Tagen Haft wieder entlassen.
Im Herbst 1933 ging Gerda ins französische Exil, lernte dort den Fotografen André Friedman kennen, wurde seine Schülerin und Lebensgefährtin. Friedman und Pohorylle legten sich als Fotografen Künstlernamen zu, Friedmann wurde zu Robert Capa, Gerta zu Gerda Taro.
Am 18. Juli 1936 begann in Spanien ein Bürgerkrieg, dieser Krieg hatte einen erheblichen internationalen Gesichtspunkt. Er zeigte die ideologischen Konfliktlinien Europas auf, der Kriegsverlauf hing entscheidend von der Haltung der anderen europäischen Mächte ab. Hitler unterstützte die Putschisten spontan mit notwendigen Mitteln, ca. 16.000 Deutsche kämpften in Spanien auf der Seite Francos.
Gerda Taro und Robert Capa gingen nach Spanien, um diesen Bürgerkrieg zu dokumentieren, sie dokumentierten die Gräuel des Spanischen Bürgerkrieges.
Während eines Angriffs der deutschen Legion Condor am 25. Juli 1937 bei Villanueva de la Cañada (Spanien) wurde Gerda Taro von einem Panzer überrollt, nachdem sie von einem Trittbrett eines LKW abgerutscht war. Sie erlag in einem englischen Lazarett einen Tag später ihren Verletzungen und wurde am 1. August 1937 auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris beigesetzt.
Der Trauerzug, angeführt von Pablo Neruda und Louis Aragon, wurde zur Demonstration gegen den Faschismus.
Ludwig Thumm
- Geburtsdatum
- 11.05.1893
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Volksschule
- Ausbildung/Beruf
- Bürogehilfe
- Eintritt NSDAP
- 01.04.1932
- Eintritt SS
- 1940
- Funktionen
- Kriminalkommissar der politischen Polizei Stuttgarts, ab 1940 Leiter des Sachgebiets "Schutzhaft"
- Haftstrafen
- Verhaftung 1945, Freilassung 1946, 1949 Anklage vor der Spruchkammer, verstarb vor Urteilsfällung
- Todesdatum
- 15.12.1950
Ludwig Thumms Zuständigkeit umfasste die zentralen Repressionsinstrumente der Gestapo. Die Beantragung von so genannter Schutzhaft, also der Inhaftierung ohne richterliche Anordnung oder Einspruchsmöglichkeit, war alleiniges Recht der Politischen Polizei bzw. der Gestapo.
Thumm und seine Mitarbeiter des Sachgebiets II D (später umbenannt in IV 6a) beantragten beim württembergischen Innenministerium, ab Februar 1938 beim Geheimen Staatspolizeiamt in Berlin, die Inhaftierung von Personen und setzten nach dem dortigen Entscheid die Verhaftung und Einweisung in Lager um. Sie achteten auch darauf, dass die württembergischen Strafanstalten ihnen Mitteilung machten, wenn Männer oder Frauen eine von einem Gericht verhängte Strafe verbüßt hatten. Sie behielten sich vor, den oder diejenige nach der Entlassung aus dem Gefängnis sofort wieder zu verhaften und in ein Konzentrationslager einzuweisen.
Thumm war darüber hinaus auch zuständig für die so genannten Arbeitserziehungslager in Rudersberg und Aistaig und das Schutzhaftlager Welzheim. Dort beaufsichtigte er u.a. die Hinrichtungen von Häftlingen.
Beim Spruchkammerverfahren gegen Thumm berichteten zahlreiche Zeugen, vor allem ehemalige Häftlinge des Lagers Welzheim, von Demütigungen, Misshandlungen und Grausamkeiten, die sie durch Thumm hatten erleiden müssen. Thumm starb 1950, bevor die Spruchkammer ein Urteil fällte.
Text entnommen vom Virtuellen Geschichtsort Hotel Silber vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Fred Uhlman
- Geburtsdatum
- 19.01.1901
- Geburtsort
- Stuttgart
- Schule
- Eberhard-Ludwigs-Gymnasium
- Ausbildung/Beruf
- Rechtsanwalt / Maler / Schriftsteller
- Todesdatum
- 11.04.1985
- Details zum Tod
- in London
Dr. Fred Uhlman studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften in Freiburg, München und Tübingen. Ab 1927 war er als niedergelassener Anwalt tätig. Wegen seiner jüdischen Herkunft und seiner politischen Tätigkeit für die SPD musste er 1933 nach Frankreich ins Exil gehen und arbeitete dort als Kunsthändler. 1936 ging er nach England und arbeitete dort als Maler und Schriftsteller.
Bekannt ist Uhlman vor allem durch seine Autobiografie „The Making of an Englishman“ (Erinnerungen eines Stuttgarter Juden) und die 1971 erschienene Novelle „Reunion“, die in 19 Sprachen übersetzt wurde und in Deutschland zunächst unter dem Titel „Versöhnt“, als Neuauflage dann als „Der wiedergefundene Freund“ erschien.
In der Staatsgalerie Stuttgart wurde vom 21. Mai bis 24. Oktober 2021 die Ausstellung »Trotz allem« Fred Uhlman – ein jüdisches Schicksal gezeigt. Auf der Website der Staatsgalerie befindet sich eine interaktive Erzählung zu Fred Uhlmann.
Hermann Umfrid
- Geburtsdatum
- 20.06.1892
- Geburtsort
- Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Evangelischer Pfarrer
- Todesdatum
- 21.01.1934
- Details zum Tod
- Suizid
Der durch seinen pazifistischen Vater Otto Umfrid – ebenfalls Theologe – geprägte Hermann erhielt 1922 eine Pfarrstelle in Kaisersbach, nachdem er von dem Jura- in das Theologiestudium wechselte.
Im selben Jahre heiratete er Irmgard Silcher mit welcher er vier Kinder bekam. 1929 wurde er nach Niederstetten versetzt.
Am 25. März 1933 drangen SA und Gestapo in Niederstetten in Häuser und Wohnungen von Juden ein und verhafteten die Männer, die zum Teil in Konzentrationslager verschleppt wurden.
Pfarrer Umfrid verurteilte diese Taten aufs Schärfste in seiner Predigt am Folgetag: „Was gestern in dieser Stadt geschah, das war nicht recht. Helfet alle, dass der Ehrenschild des deutschen Volkes blank sei!“ und zeigte offen sein Solidarität mit den Juden. Danach wurde Umfrid von den Nationalsozialisten schikaniert und mit KZ-Haft bedroht. Am 21. Januar 1934 nahm sich Umfrid das Leben, wohl auch, um seine Familie zu schützen.
Max Wagner
- Geburtsdatum
- 25.10.1899
- Geburtsort
- Oberesslingen
- Wohnort
- Bebelstr. 29/2 (ehemals Moltkestr.), Stuttgart
- Ausbildung/Beruf
- Steindrucker / Ankerwickler
- Verurteilung
- 04.08.1944
- Details zur Verurteilung
- wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung zum Tode und lebenslangem Ehrverlust verurteilt
- Hinrichtung
- 25.09.1944
- Details zur Hinrichtung
- im Zuchthaus Brandenburg durch Enthauptung
Max Wagner, Anton Hummler und andere, trafen sich vor allem samstags bei Max Wagner zum Kartenspiel und hörten zusammen trotz des Verbots ausländische Sender ab. Das Rundfundgerät gehörte Max Wagner. Die Nachrichten von Londoner, Moskauer und anderen Sendern wurden aufgeschrieben und weiter gegeben. Der Kreis um Max Wagner und Anton Hummler bestand aus rund 30 Personen.
1932 hatte Hummler bei einem sportlichen Wettkampf den Berliner Herbert Bogdan kennen gelernt. 1937 war der Kontakt fester geworden. Hummler und Bogdan, der Leiter einer Widerstandsgruppe in Berlin war, trafen sich regelmäßig in Stuttgart oder Berlin und tauschten Informationen aus. Bogdan regte einen engeren Zusammenschluss der alten Sportskollegen an.
Max Wagner und Emil Erath, der ebenfalls zur Gruppe gehörte, sowie Anton Hummler besuchten im Juni 1943 Herbert Bogdan in Berlin. Bogdan bat sie dabei den jüdischen Zahnarzt Dr. Walter Glaser in die Schweiz zu schmuggeln. Erath wollte dies übernehmen, da er entsprechende Kontakte habe. Glaser, der untergetaucht war, um der Deportation zu entkommen, kam im August 1943 mit falschem Pass nach Stuttgart und wohnte bei Max Wagner. Mit Erath fuhr er dann weiter, wurde aber aufgegriffen und nach Berlin überstellt. Im Oktober 1943 wählte er im Jüdischen Krankenhaus in Berlin den Freitod.
Von Glasers Schicksal wusste niemand in Stuttgart, denn Erath war ein Spitzel der Geheimen Staatspolizei. Max Wagner und Anton Hummler sowie alle, die Erath getroffen hatte, wurden Ende September 1943 verhaftet.
Am 4. August 1944, wenige Tage nach dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler, fand der nichtöffentliche Prozess gegen Wagner und Hummler vor dem Volksgerichtshof in Potsdam statt. Sie werden wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung zum Tode und lebenslangem Ehrverlust verurteilt.
Die Gnadengesuche der Ehefrauen und Kinder sowie von Verwandten wurden abgelehnt. Am 25. September 1944 erfuhren Max Wagner und Anton Hummler gegen 11 Uhr im Zuchthaus Brandenburg von der bevorstehenden Hinrichtung, die um 12.48 Uhr bzw. 12.50 Uhr stattfand. Die Kosten des Verfahrens hatten die Angeklagten zu tragen.
Siehe auch: Stolpersteine Stuttgart
Theophil Wurm
- Geburtsdatum
- 07.12.1868
- Geburtsort
- Basel
- Ausbildung/Beruf
- Theologe
- Todesdatum
- 28.01.1953
Theophil Wurm, in Basel als Pfarrersohn geboren, gehört vor dem Ersten Weltkrieg der Christlichsozialen Partei, danach der Bürgerpartei an, die er auch bis 1920 im württembergischen Landtag vertritt.
1899 als Pfarrer für Gefangenenseelsorge bei der Evangelischen Gesellschaft und ab 1913 Gemeindepfarrer, wird Wurm 1929 zum evangelischen Kirchenpräsidenten (seit 1933 Landesbischof) der württembergischen Landeskirche gewählt. Wurm begrüßt zunächst Hitlers Regierungsübernahme, die nationalsozialistische Kirchenpolitik lässt ihn jedoch zum Gegner des NS-Regimes werden.
Im September 1934 wird Wurm wegen seiner kirchenpolitischen Haltung zuerst beurlaubt und dann vom Württembergischen Innenministerium zweimal unter Hausarrest gestellt. Nach einer Besprechung bei Hitler am 30. Oktober 1934 kommt es zur Aufhebung der Repressalien. Im selben Jahr rückt Wurm endgültig von den nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ ab und nimmt an Synoden der Bekennenden Kirche teil, distanziert sich aber von Positionen ihres entschlossenen Flügels.
Dennoch wendet er sich immer wieder mit Beschwerden an die Vertreter von Partei und Staat und protestiert ab 1940 mehrfach gegen den Mord an Patienten von Heil- und Pflegeanstalten. 1944 wird er deswegen mit einem Rede- und Schreibverbot belegt. Theophil Wurm, der den Kreisen um Carl Goerdeler und Ludwig Beck nahe steht, überlebt das Kriegsende und wird 1945 zum ersten Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt. Er gehört zu den Mitverfassern des Stuttgarter Schuldbekenntnisses der evangelischen Kirche vom 19. Oktober 1945.
Text entnommen von Gedenkstätte Deutscher Widerstand